Wednesday, July 26, 2006

Und Fallschirmspringen ist wirklich wie fliegen! Beim ersten Mal ist es einem nicht wirklich bewußt, was da gerade passiert: in einer Höhe von 4.300 Metern in einer offenen Flugzeugtür zu stehen und dann einfach loszulassen und zu springen... Wow. An dieses Gefühl reicht nichts heran! Aber leider, beim ersten Mal, und sicherlich auch noch ein paar weitere Male, muß man sich auf den zig Mal einstudierten Ablauf konzentrieren und sich brav an die Anweisungen der Trainer halten. Und das, obwohl tausend unterschiedliche Gefühle auf einen einstürmen - nur die Angst bleibt irgendwo unter Freude, Euphorie, Ohrenschmerzen, Atemnot, Wind im Gesicht, Nackenverspannung, auf den Höhenmesser und zum Horizont schauen und unendlichem Glücksgefühl verborgen. Ganz weit unten... Somit, keine Möglichkeit, zu registrieren: ich fliege! Ich bewege mich durch die Luft, ohne Hilfsmittel. Naja, für eine Weile mit ca. 200 km/h unaufhaltsam Richtung Boden...somit sollte ich wohl eher "Fallen" sagen. Aber, nein. Für 70 Sekunden bin ich tatsächlich geflogen. Außer dem starken Gegenwind und extremen Ohrenschmerzen (merke: nächstes Mal vorher zum Ohrenarzt!) erinnere ich mich nicht an sehr viel. Erst nachdem ich die Leine gezogen hatte und Sekunden später durch den riesigen Anfängerschirm (30 qm grünschwarzer Stoff, der farblich hervorragend zu meinem Pinkfarbenen Overall und dem neongelben Helm paßte...) auf ca 25 km/h abgebremst worden war, konnte ich mich - natürlich (könnte ja sein, daß der Lehrer durch Zufall diese Zeilen zu Gesicht bekommt) erst nachdem ich mich vorschriftsmäßig vom einwandfreien Zustand meiner "Kappe" überzeugt hatte (keine Fahne, keine Beschädigung, keinen Fangleinenüberwurf....) - auf das Gefühl konzentrieren: ICH FLIEGE. Okay, zu DEM Zeitpunkt mit Hilfsmittel. Aber, das war mir völlig egal! Wie ein kleines Kind freute ich mich, hunderte von Metern über der Landschaft zu schweben, in der ich aufgewachsen war. Ich wußte nicht, wo ich zu erst hinschauen sollte und welche Ausdrücke höchster Verzückung ich noch laut herausschreien sollte. Viel zu schnell kamen die Kommandos des Trainers aus dem Mikrofon auf meiner rechten Brust - "Schwarzgrün 180 Grad links!" (glücklicherweise hatte DER meine Glücksbekundungen nicht mithören können) und brachten mich innerhalb einiger Minuten wieder auf den Boden zurück, sogar nur ganz knapp neben dem Zielkreis!

Bleibt zu sagen - der Trainer hatte Recht, als er bemerkte: "Das gefährlichste am Fallschirmspringen ist die Suchtgefahr!" Hat man das einmal erlebt, möchte man immer wieder. (Vor allem, wenn man im Businessoutfit im Flugzeug am Fenster sitzt, sehnsüchtig herausschaut und sich nichts mehr wünscht als zu springen - bis einem einfällt, daß 1. Man im Handgepäck lediglich Laptop und Goodies und nicht die reizende schwarzgrüne Kappe mit sich trägt (wobei diese doch diesmal so perfekt zum schwarzen Kostüm passen würde), 2. das Gesicht der Stewardess, nachdem man sie gerufen und gebeten hat, die Tür zu öffnen, da man jetzt aussteigen möchte, nicht ganz den Ausdruck annehmen könnte, den man sich erhofft hatte ("Aber selbstverständlich, soll ich Ihnen noch ein Sandwich für den Weg einpacken?") und 3. das Auslösen der Kappe sich mit, in einer Höhe von 10.000 Metern und -50 Grad Celsius, eingefrorenen Fingern als schwieriger erweisen könnte, als im Training gelernt. So entscheidet man sich doch für den üblichen Weg nach unten, überschlägt kurz, wieviel Geld auf dem Konto ist und wann man sich den nächsten Sprung leisten kann und macht sich auf den Weg zum Termin.