Tuesday, November 01, 2011

Kürbisse und Schmetterlinge

Auch wenn jeder, der hier wohnt immer wieder betont, daß es bald "kalt" würde, kann ich mir das derzeit nicht so wirklich vorstellen. Abgesehen von zwei kühlen Tagen mit ein wenig Nieselregen waren die letzten drei Wochen traumhaft. Jeden Tag über zwanzig Grad, keine Wolke am Himmel, warm genug, um am Pool in der Sonne zu liegen und ohne Heimweh an die Temperaturen Ende Oktober in Deutschland zu denken. Brrr.

Damit die hart arbeitenden Produktmanager bei diesem Traumwetter auch einmal an die frische Luft kommen und die Sonne sehen, gab es letzten Donnerstag einen Ausflug zu einem der zahllosen Nationalparks. Morgens um halb neun ginge ab mit dem Bus nach Santa Cruz, um Schmetterlinge und natürliche Brücken zu bewundern. Mittlerweile ist es nur noch eine Brücke.

Dort angekommen gab es erst einmal ein gesundes amerikanisches Frühstück. Zwei Barrista/Surfer operierten die eigens angelieferte Kaffeemaschine und zauberten alle möglichen köstlichen Kaffeespezialitäten. Dazu gab es Donuts, Karottenkuchen und weitere leckere süße Köstlichkeiten. Flugs wurden alle in Gruppen eingeteilt und los ginge. Der Guide/Surfer hatte eindeutig mit dem Job seine Berufung gefunden. Er strahlte über das ganze Gesicht, als er uns von Schmetterlingen, Eukalyptusbäumen, Wachteln, Maulwürfen, Tannenzapfen, usw. erzählte. Wir bekamen sogar ein paar Wachteln zu sehen, was allerdings ein klarer Hinweis dafür war, daß zur Zeit kein Luchs in der Nähe war, den wir auch ganz gerne bewundert hätten.

Viel wandern mussten wir nicht. Alle paar Meter wurde angehalten, ob um auf giftige Pflanzen hinzuweisen, spannende Geschichten über diesen und jenen Grashalm oder Kothaufen zu erzählen, der am Wegesrand so rumstand oder lag. Schließlich gelangten wir an den kleinen Strand und bekamen auch die letzte natürliche Brücke zu sehen, die noch übrig war. Wie leicht aus dem Foto zu ersehen, hatte sich der Ausflug definitiv gelohnt und hätte auch gern noch ein wenig länger dauern dürfen. Der Name Pazifik ist schon ganz richtig gewählt. Am Strand zu stehen, sitzen oder liegen, die Augen zu schließen und einfach nur der Brandung zuzuhören. Da braucht man keine Massage, Meditation, progressive Muskelentspannung oder Urlaub. Mit jedem Atemzug löst sich alles auf, was sich im Körper an Anspannung, Stress, Ärger oder sonstige Aggressionen aufgebaut hatte. Die salzige Luft tut ihr übriges.

Nach dem Strand ging es ab zum Tummelplatz der Schmetterlinge. Diese haben in den letzten Jahren aufgrund unterschiedlicher Faktoren stark an Bestand abgenommen. Von ein paar Millionen auf knapp 3.000. Auch wenn der Neuling immer noch sehr beeindruckt ist von der Menge an lustig bunten Faltern, die sich gemeinsam an Bäume hängen und wenn es warm genug ist auch munter durch die Gegend flattern oder sich einfach nur faul gleiten lassen, laut einer Dame die dort in der Gegend aufgewachsen war, war es früher wohl unmöglich vor lauter Schmetterlinge die Bäume zu erkennen.

Der Ausflug wurde mit einem Mittagessen abgeschlossen, kauloses Sandwich, Chips und Keks. Lecker. Dann noch auf zum Gruppenfoto und dann wurde die ganze Bagage wieder zurück an den Schreibtisch gefahren. Dort konnte man dann mit neugewonnener Energie die Arbeit fortsetzen. Ich hatte außer neuer Energie auch noch etwas anderes aus der Natur zurückgebracht. Einer der hübschen Stare, die auch zahlreich in dem Park vertreten waren, und sicherlich auch ab und zu mal an den kleinen bunten Faltern nagen, hatte mir auf den Kopf gekackt!

Am Wochenende dann durfte ich mein erstes, nein, stimmt gar nicht, mein zweites Halloweenwochenende in den USA verleben. Allerdings hätte der Unterschied zwischen Halloween in Miami und Halloween in San Francisco nicht größer sein können. Nur das Wetter war dieses mal sogar ähnlich. Nachdem ich am vorherigen Wochenende schon einmal bei der Halloweenparty des Clubs der jungen Skandinavier geprobt hatte, ging es nun zu Party Nummer zwei und drei. Und davor am Freitag durfte man sich auch im Büro mit Kostüm zeigen. Da war ich recht einfallslos. Übers Internet hatte ich mich mit künstlichem Blut versorgt, daß mir eine Kollegin morgens über das Gesicht und den Rücken goss. Mit dem Ergebnis, daß den ganzen Tag niemand in Terminen rechts von mir sitzen wollte. Mein Chef verlor ab und zu den Faden, wenn er mitten im Satz in meine Richtung blickte. Ein paar Kollegen erschraken ganz gut, wenn ich um die Ecke bog und am Abend daheim fragte mich sogar ein Nachbar, ob alles in Ordnung mit mir sei. Der hatte schon halb seinen Erste Hilfe Kasten ausgepackt.

Samstagnachmittag noch mit Mira in der Sonne am Pool, abends mit noch mehr Blut, schwarzem Kleid, Punkfrisur und neuen, kniehohen, schwarzen Plateaustiefeln erst zu Mira zum Aufwärmen und dann mit dem Bus zur Party. Nachdem ich Mira mit dem Blut schon eine hübsche Schramme auf die Wange verpasst hatte, ging es im Bus weiter, als ein Typ sich mit ein paar geübten Handgriffen ein zu Brei geschlagenes Gesicht zauberte. Auf der Straße waren recht viele verkleidet unterwegs.

Auf der Party, dem Spider Ball, war noch nicht all zu viel los. Somit konnten wir ausgiebig alle Kostüme bewundern, die es zu bewundern gab. Es gibt wirklich unglaublich viele kreative Menschen. Bei manchen schaute es so aus, als hätten sie das ganze Jahr an ihrem Kostüm gearbeitet. Während in Miami, Engel, Polizistin und alles was man sonst mit kurzen, engen Kleidern und tiefen Ausschnitt verbindet, die hauptsächlichen Kostüme waren, gab es hier jede Menge Mut zur Hässlichkeit und der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt. Ob Frühstück, Senf-, Mayo-, Ketchupspender, Zombies, Tiere und so einiges, was nur Amerikaner verstehen. Schließlich würde auch kein Amerikaner auf Anhieb verstehen, wenn ein Deutscher als Heino, Daniel Kübelböck oder Faschingsprinz verkleidet wäre.

Abgesehen von ein paar Stürzen, die aus einer sehr unglücklichen Kombination meiner hochhackigen, glatten Stiefel, einem häufig sehr nassen Fußboden und ein wenig Wodka resultierten, war die Party prima. Nur die Kopfschmerzen am nächsten Morgen ließen mich doch kurz überlegen, ob ich mir die letzte Party am Sonntagnachmittag auch noch antun sollte. Aber abends mit dem Schiff über die Bay, das war einfach zu verlockend. Und somit schleifte ich mich am Nachmittag zum Pier 3 und bestieg mit Mira, Lark, June und Jon das Schiff.

Der Ausblick war wirklich großartig. Die Skyline, die Bay Brücke, die Golden Gate Brücke im Nebel. Und obendrein hab ich auch noch zwei Sternschnuppen gesehen. Vogelkacke UND Sternschnuppen? Ich sollte diese Woche unbedingt Lotto spielen.