Thursday, September 15, 2011

Puccini und fast Nabucco


Vor ein paar Wochen war ich in der Oper. Turandot. Im Vergleich zu Hamburg sind die Preise für die Tickets gepfeffert. Dafür ist das Opernhaus wahnsinnig schön und auch die Aufführung war den Preis wert. Dennoch habe ich meine Lektion gelernt: Tickets nie zu früh kaufen! Eine Woche vor der Vorstellung habe ich eine E-Mail bekommen, in der mir meine Tickets zum halben Preis angeboten wurden...

Aber der Reihe nach. Ich hatte auf gut Glück zwei Tickets gekauft aber dann eine Absage nach der anderen aus dem Freundeskreis bekommen. Einer der Herren hatte zunächst zugesagt aber als ich im eröffnete, daß es sich weder um ein Date handeln würde und ich auch sein Ticket nicht bezahlen würde, konnte er plötzlich nicht mehr. Es fand sich dann doch noch ein Freiwilliger, der sogar anbot, sich um Dinner davor, Fahrgelegenheit und die Bezahlung des Tickets zu kümmern. Darüberhinaus war er mit Frack oder alternativ dunklem Anzug ausgestattet. Großartig.

So beschloß ich, das Kleid anzuziehen, das ich mir für Miras Hochzeit angeschafft habe. Ähnlich wie mit den Krabben, schaffe ich es auch bei Kleidungsstücken, regelmäßig Dinge zu kaufen, die einfach nicht für mich gemacht sind. Das Kleid ist aus Fallschirmseide genäht, sieht ein wenig aus und faßt sich an wie ein Fallschirm (auf der Damentoilette sah ich ein wenig aus wie nach dem Sprung damals als ich mit dem Fallschirm in der Hand wieder zurück zur Halle gelaufen bin...). Zum Anziehen benötigt man ein Diplom. Schnüre, Stoff, Falten und alles sieht gleich aus. Aber wenn man dann die richtigen Öffnungen gefunden und es geschafft hat, ohne die dünne Seide zerissen zu haben, schaut es umwerfend aus. Siehe Foto.

Dann noch ein Hütchen, pinker Schal und Blazer und ab dafür. Hier in San Francisco fällt man damit auch gar nicht weiter auf. Nun ja, ein paar Leute sagen nette Sachen zu Dir. Aber keiner guckt Dich an, als wärst Du bekloppt oder einer anderen Epoche entsprungen. Der Herr, der mich abgeholt hat, war etwas sprachlos. Und ich habe beschlossen, häufiger mal so etwas anzuziehen. Zumal ich jetzt auch ein wenig Training habe und mit Vorsicht, Obacht und viel Geduld auch so einige Hindernisse und Gefahren überwunden habe. Erste Herausforderung: ins Auto einsteigen, ohne zu viel vom Bein (sprich: alles) zu zeigen und die Hälfte des Stoffes draußen zu lassen. Nächste Herausforderung: alles, was da so an Stoff vorhanden ist auch unterzubringen. Und das ohne den handlichen Rucksack, in dem man das Ding sonst verstaut hat. Dritte Herausforderung (offensichtlich): aus dem Auto aussteigen. Ein extremer Vorteil einer solchen Aufmachung ist, daß die Neigung von männlichen Zeitgenossen, Dir Türen aufzuhalten und eine helfende Hand entgegenzuhalten ein wenig ausgeprägter ist als sonst so üblich.

Die nächste Herausforderung war eher eine modische. Da putzt man sich heraus und schmeißt sich in den feinsten Zwirn und dann im Restaurant: Servietten aus JEANSSTOFF!!!!?? Da fehlen mir die Worte. Auch das Essen wurde gut gemeistert und es ging wieder zurück zum Auto.

An dieser Stelle muß ich die Aufzählung kurz unterbrechen. Wir waren recht spät dran und somit kam es zur Überquerung einer Ampel bei Gelb. Nichts außergewöhnliches, denkt sich da der nordeuropäische Autofahrer. Ampel? Der südeuropäische. Aber die Amerikaner sehen das ein wenig enger. Hinzu kam, daß das Manöver einen raschen Schlenker auf die andere Fahrbahn beinhaltete. Direkt vor das Motorrad eines Polizisten! Glück muß man haben. Der warf dann auch umgehend sein Blaulicht an, um uns an den Straßenrand zu beordern. Zehn Minuten später war Einlaßschluß für den ersten Akt... Ich wollte dann auch gleich los eilen, als der Ordnungshüter fragte: "Where do you think you're going?". Wahrheitsgemäß antwortete ich: "To the opera." und verschwand. Mittlerweile habe ich von einigen Amerikanern gehört, daß mich das in einige Schwierigkeiten hätte bringen können. Zumindest für mich ging es an dem Abend gut aus.

Ich eilte zur Oper und schaffte es, fünf Minuten vor Vorstellungsbeginn auf meinem Platz zu sitzen. Auf dem Weg nach ganz oben zu den Rangsitzen gab es noch lustige Fahrstuhlunterhaltung von der netten Dame, die so aussah, als hätte sie fast ihr ganzes Leben in diesem Fahrstuhl verbracht. Bevor das Licht ausging schrieb ich noch eine rasche SMS an den Verkehrsrowdy, daß er nicht mich aus dem Gefängnis anrufen solle, da ich nun mein Telefon auf lautlos stellen würde.

Und da gingen auch schon die Lampen aus und der Vorhang hoch. Glücklicherweise dauerte der erste Akt nur eine knappe halbe Stunde. Der Herr stand schon draußen und die ganze Angelegenheit war ihm sichtlich unangenehm. Aber ich habe nur lachen müssen. Der Polizist war ziemlich angepisst. Daß ich dann auch noch abgehauen bin hat es nicht besser gemacht. Nach einigen Schikanen und hin und her hat er ihm ein Ticket gegeben, das sich bei näherer Betrachtung als Vorladung entpuppte. Naja, hätte auch schlimmer enden können. Mit Nabucco statt Turandot...:-)