Monday, April 13, 2009

Speedy Gonzales

19. Januar
Wir fliegen gerade am Golf von Mexiko entlang. Keine Wolke, seit Texas. Auch Grönland und Kanada waren zeitweise sehr gut zu sehen. Wobei die kanadische Landschaft, gleichmäßig von einer Decke aus Schnee überzogen, sich kaum vom Wolkenmeer unterschied, mit dem sie sich abwechselte. Da hat sich jemand mit einer riesigen Menge Zuckerwatte richtig viel Mühe gegeben! Man kann Formen und Figuren erkennen. Mal wie mit einem Kamm gezogen, mal einfach nur ein künstlerischer Pinselstrich, der im tiefen Weiß ein wunderschönes Paar volle Lippen gezaubert hat. Jetzt das Gebirge in Mexiko. Von oben könnte man meinen, das Land war nur zu lang im Badewasser. Ganz verschrumpelt sieht es aus! Was gäb ich dafür, fliegen zu können. All diese Eindrücke erleben, sammeln und für immer bei sich haben. Ohne den Lärm der Triebwerke, die vielen Menschen und den allzu sehr begrenzten Blickwinkel.

Sitze im Taxi und meine Freundin versucht, dem Taxifahrer den Weg zu erklären. Grossartig. Aber zumindest war Immigration und Zoll um einiges einfacher so, geht los. Was ne Stadt. Beim Anflug sah es so aus, als ob ein Modelleisenbahnfreak gewütet und alle seine Häuser auf einen Haufen geworfen haette. Mittenrein in das Gebirge. Und die Häuser, die nicht in dem Hauptkrater zwischen den Bergen gelandet sind, haben sich gleichmässig auf die Landschaft ringsherum versplittert.

20. Januar
Wir haben grad Nutella Pizza gegessen :-). Hmmmm mit Erdbeeren. Eigentlich auch Bananen, aber einer von den Jungs ist allergisch gegen die und hatte Angst, draufzugehen.

21. Januar
Ich lieg erschlagen auf dem Bett und freu mich aufs Ausgehen. Der Tag im Büro war ziemlich interessant. Irgendwie ist jedes Büro so verschieden aber doch gibt es jede Menge Gemeinsamkeiten. Schöne Strategie aber trotzdem schön, sich jedes Mal ein klein wenig wie zu Hause zu fühlen. Dazu der Blick aus dem Besprechungszimmer. Aus dem 12. Stock über die Stadt, auf die Berge am Horizont. Einige von denen sind halb mit kleinen weissen Häusern wie mit Pflastersteinen bedeckt, die langsam hügelaufwärts streben. Die Fenster im Raum reichen bis zum Boden, was mir persönlich sehr gefällt. Ich koennte stundenlang aus schwindliger Höhe in die Tiefe blicken. Der Anblick hat viel von einem Ali Mitgutsch Bilderbuch: überall gibt es etwas spannendes zu entdecken. Bauarbeiter, die es sich auf dem Dach eines Rohbaus gemütlich machen, ein äußerst unordentliches Wohnzimmer, eine abenteuerlich aufgestellte Werbetafel, bei der man sich fragt "Wie, um Himmels Willen haben die die DA hinbekommen? Mit nem Helikopter?". Nach dem ersten Meeting habe ich mit dem Rücken zum Fenster gesetzt. In einem Billing Core Meeting wurde mir sogar
nahegelegt, mein Mikro auszustellen, als ich anfing, von unserem geplanten Trip ans Meer zu berichten.

Jetzt essen wir gleich noch ein wenig und dann schauen wir mal, was die Stadt Mittwoch abends so bietet. Ich befürchte ne Menge :-/.

22. Januar
Wenn ich auf Schmuck stehe würde, dann würd ich wohl die nächsten Tage nur in der Altstadt herumtreiben. Schmuck, wohin man schaut. Hinschauen sollte man auch dorthin, wohin man die Füsse setzt, denn in einigen der Löcher im Asphalt könnte sich meine Nichte problemlos verstecken. Da ich sehr gern an Fassaden hochsehe, was sich hier auch besonders lohnt, musste ich somit gewaltig aufpassen. Mehr noch als die schönen alten Haeuser mag ich jedoch die riesigen Boulevards. Mit einem breiten Grünstreifen oder aber kunstvollen Steinhaufen in der Mitte und breiten, alleeartigen Fusswegen auf beiden Seiten. Nächste Woche werde ich mal einen Tag damit verbringen, den grössten einfach nur einmal hoch und runter zu laufen.

Jetzt sitze ich auf der Dachterrasse und habe mit Freuden entdeckt, dass einer der Vulkane zu sehen ist. Schneebedeckt und fast vom Smog verhüllt. In zwei Stunden gehts dann zum Flughafen und ab an den Strand!

23. Januar
Nachts. Sind grad im Hotel angekommen und warten, dass die Dödel vor uns mit Einchecken fertig werden. Hat alles geklappt und ich bin gespannt, wie das alles hier bei Tageslicht ausschaut.

Im Dunkeln ueber Mexiko hinwegzufliegen war fast noch eindrucksvoller, als bei Tageslicht. Die erleuchteten Häuser breiten sich aus wie ein Lavastrom. Wenn man nicht genau hinsieht, scheinen sie sich sogar zu bewegen. Egal wohin man blickt, orangenes Lichtermeer.Iich freu mich so auf Strand und das Meer, Sonne und einfach ein wenig Seele baumeln lassen.

Morgens. Sitze gerade beim Kaffee und versuche mir klarzumachen, dass ich tatsächlich Urlaub habe und mich überhaupt gar nichts gedanklich beschäftigen sollte. Gleich werden wir ein wenig in Cancun herumlaufen, bevor es dann
Richtung Süden geht. Da wir den Strand im Dunkeln noch nicht sehen konnten, bin ich von dem, was ich gesehen hab nicht sehr beeindruckt. Naja, abgesehen davon, dass wir es hier mit dem "Who is Who" der Bettenburgen zu tun haben. Bisschen wie ein Roter Teppich der Hotelsuperstars ist der Strand von Cancun.

Playa del Carmen: Komplett unwirklich war das grad. Strandbar, blauer Himmel, Meer, Palmen, Raggae Musik von ner Live Band, leckeres Essen und der Ort sieht aus, wie eine karibische Filmkulisse.

24. Januar
Wir brechen gleich auf nach Tulum, um uns ein paar Pyramiden anzuschauen. Kultur als Gegenprogramm zur Party letzte Nacht. Der Ort ist ziemlich cool, zwar touristisch, aber doch niveauvoll und voller spannender Leute. Aber die zweite Nacht hier wird sicherlich ein wenig ruhiger.

30 Minuten spaeter:
Sitzen im Minibus Richtung Pyramiden. Mit ein paar Amerikanern und eine Klimaanlage, die ihr bestes gibt, aber fast stirbt vor Anstrengung. Bin mal gespannt, was uns nach den 60 km erwartet.

Pyramiden waren das nicht wirklich. Ein paar, relativ gut erhaltene Überreste einer kleinen Mayaanlage. Allerdings gabs einen prima Strand, an dem wir bis eben faul und doch dekorativ herumgelegen haben. Türkisblaues Wasser, Brandung, weisser Sand und ein recht grosses Reptil, das sich aber angesichts der Menschenmassen in Badekleidung ganz fix verzogen hat. Wer sollte es ihm verdenken. Wir haben einfach die Augen geschlossen und gedöst.

Jetzt gehts mit dem Bus zurueck zum Hotel, duschen, bummeln, Abendessen und noch ein bisschen feiern, bevor wir morgen zu Kultur und Ruhe uebersetzen, nach Cozumel.

Abends
Ich bin gerade am Strand entlang gejoggt. Die Sonne war schon nicht mehr zu sehen, der Himmel rotorangelila. Unglaublich schön. Der Sand weiss und fest, wo die Wellen sich gerade wieder zurückgezogen hatten. In solchen Momenten fühle ich so viel Leben in mir, dass ich glaube, zerspringen zu müssen. Diese lebendige, überwältigende Schönheit. Fast zuviel, um es auf einmal zu verarbeiten.

25. Januar
Fähre nach Cozumel - Glitzerndes, tiefblaues Wasser, soweit das Auge reicht. Darüber der Himmel, hell bis tiefblau und die Sonne, die genau weiss, dass ohne sie beider Farben nicht annähernd so faszinierend wären. Ich liebe den Horizont. Besonders, wenn er nur durch den Ozean und den blauen Himmel definiert und durch nichts anderes gestört wird. Dieser Anblick laesst mich wissen, dass alles möglich ist, dann Grenzen, gedanklich, physisch oder jeglicher anderer Art nicht wirklich existieren. "Kann nicht" und "Geht nicht" existieren nicht. Es gibt wenige andere Anblicke, die ein derartig tiefes Glücksgefühl in mir auslösen und mich mit unendlicher Energie füllen.

Abends
Halb sieben ist es und wir werden gleich schlafen! Juchuuu. Zwei Nächte durchfeiern hinterlässt eben doch Spuren. Aber lustig wars. Aber den Sonnenuntergang haben wir noch angeschaut und die Kalorienzufuhr fuer den ganzen Tag abgewickelt. Bis dahin gabs fast nix.

26. Januar
Wir nehmen gleich die nächste Fähre und dann gehts nach Cancun. Die Tour um die Insel war wunderschoen. Ruhige, traumhafte Strände auf der einen Seite. Ich bin ein bisschen weiter raus geschwommen und jedesmal, wenn ich den Kopf aus dem Wasser gestreckt habe, hat mich der Anblick fast umgehauen. Türkises Wasser, der weisse Strand und die Palmen und Hütten dahinter. Traumhaft, kitschig aber soo schön.

Die andere Seite der Insel bot wieder sehr viel Horizont und eine wildere Seite der See. Die Strände immer noch schneeweiss und verlassen. Auf der Landseite viel Grün. Jetzt liegen wir noch kurz am Pool des Hotels Casa Viento und freuen uns auf die weissen Strände von Cancun (es braucht nicht viel, um mich glücklich zu machen, blauer Himmel, weisser Sand, türkises Wasser und ab und zu was zu essen....

Cancun
Hammeraussicht vom Hotel in Cancun. Gute Entscheidung von uns, noch eine Nacht hier zu verbringen. Habe gerade ein paar Runden im Pool gedreht. Kam mir vor wie ein Delphin im Delphinarium. Die Sonne ist untergegangen und der Blick auf Ozean und Hotelmeile ist noch atemberaubender geworden. Gleich noch etwas essen und sehen, was noch so los ist. Müssen ja morgen schon früh raus und in Mexiko auch noch ein, zwei Abende ausgehen.

Neun Stockwerke unter mir brandet türkises Wasser gegen glattgespülte Steine und die Mauer unterhalb des hoteleigenen Beachclubs. Aus der Mauer heraus wird das Meer mit Licht bestrahlt, so dass es nachts fast genauso schön aussieht, wie tagsüber. Nun ja, tiefschwarzes, unergründliches Wasser hat, meiner Meinung nach, eine noch grössere Faszination. Trotzdem verwehre ich mich offensichtlicher Schönheit nicht gänzlich.

Brandung, die immer und immer wieder die Steine bespült. Beruhigend, dass es so etwas gibt. Etwas, dass noch in 1000 Jahren da sein wird und genau das gleiche tut. Vielleicht ein wenig weiter im Landesinneren, z. B. vor Tomkes Appartment :-). Aber es wird noch auf exakt die selbe Weise funktionieren. Und es tut so unglaublich gut, so etwas zu betrachten. Alles andere verliert an Bedeutung gegenüber etwas so beständigem.

27. Januar
Nach einem kurzen Lauf am Strand, mit Sonnenaufgangangucken, frühstücke ich jetzt auf dem Balkon, mit Blick auf die heute etwas rauhere Brandung. Ich frage mich, ob ein Sonnenaufgang, wenn man ihn jeden Morgen hier zu sehen bekäme, trotzdem noch jedes Mal ein besonderes Erlebnis wäre. Schliesslich ist keiner wie der andere. Heute morgen tauchte der orangene Feuerball erst spät aus einem Bündel graublauer Wolken aus, welches er bis dahin in allen Variationen angestrahlt hatte.

In einer Stunde gehts zum Flughafen und zurück in die Stadt. Ich möchte mir die Kälte in Deutschland gar nicht vorstellen, jetzt, wo im Bademantel auf dem Balkon sitze.

Mexico City:
Shoppingtour mit erfolgreichem Ausgang. Und Soldaten, die 2 mal täglich gegenüber exerzieren. Auch wenn ich kein Fan von Militär, strikten Regeln und absolutem Gehorsam bin, ist es schon faszinierend, wie hunderte Einzelpersonen solch eine Einheit darstellen können. Zumindest aus der Vogelperspektive. Ein Signal von oben und jede Gruppe wird durch ihren Leiter informiert, was zu tun ist. Das beste war eine Gruppe von sechs Soldaten, die vom Platz schritt. Die Beine wurden nach vorn geworfen, als gelte es sich selbst an die Stirn zu treten. Mein Front Kick kommt in etwa da hoch. Als die erste Reihe an die Treppen kam und nur noch das Knie hochzog, übernahm die zweite Reihe sofort diese Bewegung. Ohne Treppe. Oben angekommen hielt die erste die Treppenbewegung, bis die zweite die Stufen erklommen hatte und alle wieder zum Stechschritt übergingen.

28. Januar
Paseo de la Reforma: In beiden Richtungen gibt es eine zweispurige Strasse, die direkt an den Geschäften, Banken, Hotels und Bürohochhäusern vorbeiführt, einen fast 20 Meter breiten, von Bäumen gesäumten Streifen, der zur Hälfte mit Büschen bepflanzt und auf der anderen Hälfte Fussgängerpromenade ist. Dort findet man Kunstwerke in Form von Bänken, die, je nach Art des Kunstwerkes mal mehr mal weniger zum Verweilen einladen. Es gibt Dornenreifen, Pflanzen aus Stahl, Messingbänke, deren Rückenlehnen aus Personen bestehen, die auf der Bank sitzen, Tiere, und vieles mehr. In der Mitte die vierspurige Hauptstrasse, wiederum getrennt durch. Grünstreifen, oder Betonstreifen mit kunstvollen Ornamenten und auch etwas grün. Alle paar hundert Meter geht das ganze in riesiege Kreisel über (Place de la Concorde, was war das noch mal?), die in der Mitte mit Denkmälern und/oder Brunnen verziert sind.

Theoretisch könnte man hier Tage verbringen und beobachten. Die krass unterschiedlichen Menschen, Banker, Geschäftsleute, Sekretärinnen, Schuhputzer, rollende Kioskbesitzer, Studenten, Touristen, Bettler, Künstler, etc. der Verkehr, mal fast kein Auto, mal alles gesteckt voll, nichts bewegt sich, alles hupt, die heisse Luft wabert über dem Blechmonstrum. Eben hörte es sich so an, als ob ein Hubschrauber auf einem der Hochhäuser gelandet waere. Genug "H's" auf den Dächern hat man von oben ja sehen koennen. Allerdings hätte jemand, der diese Menge an Lärm und Abgasen nicht gewohnt ist (ich zum Beispiel) sicherlich nach ein paar Tagen, wenn nicht Stunden (der Hals kratzt schon...) eine Smogvergiftung.

29. Januar
12 Stunden Eindrücke. Und mit Eindrücken geizt diese Stadt wirklich nicht. Allein die Fahrt durch die Stadt wäre schon spannend gewesen.

Erster Stop ist an der Basilika Guadeloupe. davon gibt es mittlerweile 3. Die zweite wurde notwendig, da die Gemeinde soviel Zuwachs bekommen hatte, dass die erste aus allen Nähten platzte. Die dritte ist recht neu, da die zweite ein ganzes Stück in den Boden abgesackt ist. Sieht man viel in Mexico (wer war noch mal dieser Pisa?), da die Stadt wohl auf nem See errichtet wurde. Prima Idee, sowas soll ja vorkommen... In der neuen lief gad ein Gottesdienst. Der war glücklicherweise grad in der letzten Minute. Die Gläubigen müssen dann alle noch einmal am Bild der Heiligen vorbei. Um Staus zu vermeiden, gibt es direkt davor 4 Rolltreppen, wie am Flughafen. So vereint sich Antike und Moderne. Der Geschenkeladen bot massenhaft Dinge für die Menschen daheim, die man nicht leiden kann. Madonnenstatuen, Heiligenbilder, riesige Jesusgemaelde, etc.

Etwas vom Zentrum entfernt, aber immer noch weit weg von der Stadtgrenze, sieht man tausende von Häusern. Diese kleinen Betonkartons, mal grau, mal bunt, scheinen planlos überall hingeworfen. Kaum erkennbar, wo eines aufhört und das nächste anfängt. Auf gute Nachbarschaft bekommt hier seine ganz eigene Bedeutung. Alles voller leben, Hundertwasserstädte, unabsichtlich zum Kunstwerk geworden. Der Gedanke an die Bewohner lässt die Faszination jedoch etwas bitter schmecken. Arbeiten, um zu überleben, davon leben, was nach Abzug der Fahrtkosten in die Stadt und Wohnen im Karton noch übrig bleibt. Zeit zu leben bleibt nicht viel, wenn man täglich mehrere Stunden unterwegs ist, zum schlechtbezahlten Job. Und doch, Menschen stehen an der Strasse, singen und spielen Gitarre. Somit bestimmt Reichtum, Luxus und viel Freizeit nicht, ob man glücklich ist. Lebensfreude. So viel wichtiger. Wer braucht den Rest!

Aus der Stadt. Hier gibt es nicht einmal mehr Kartons, Zelte und Blechkisten in den ärmlichen Slums.

Die Pyramiden. Zwei grosse und viele viele kleine. Ein grosser Tempel und viele Überreste der Metropole von 500 n. Chr. Jacuzis, WCs, Steine, die ihre rote Bemalung von damals tapfer verteidigen, Steinskulpturen, Malereien, die man interviewen möchte, um zu hören, was sie schon alles gesehen haben. Stumme und unglaublich schöne Zeitzeugen, die man zu besichtigen glaubt, derweil sie uns angesichts unserer jämmerlichen Vergänglichkeit selbst mitleidig betrachten. So wird das Exponat zum Beobachter. Tag um Tag, Jahr um Jahr sieht es sich nachsichtig Massen von Menschen an, sieht, wie sie sich mit der Zeit verändern, bekommt das interaktive Museum direkt vor die "Augen" geliefert.

Die Hauptattraktionen liegen am Ende und neben der Allee des Todes. Den Namen habe ihr die Atzteken gegeben, die, nachdem sie Jahrhunderte später auf die Überreste dieser einstmals stolzen Stadt stiessen, irrtümlich glaubten, bei den Bauwerken handele es sich um Grabmäler. Falsch gedacht :-). Die Sonnenpyramide haben wir als erstes erklommen. Es gibt schon sehr viele unsportliche Menschen. Ich hab mich ein- oder zweimal richtig erschrocken, weil jemand neben mir so extrem laut geatmet hat. Manche wollte man fast anschieben. Dabei waren es grad mal 250 Stufen. 3,5 mal hinauf zu meiner Wohnung. Die Aussicht wars wert! Von oben betrachtet sieht man die vollkommene Architektur. Man sieht sich als Kind am Schreibtisch mit Geodreieck, Lineal und Zirkel hantieren, um halbwegs gerade und rechtwinklige Linien und Formen, geschweige denn einen ordentlichen Grundriss hinzubekommen. Ups, schief und über die Linie :-/. Und dort wird auf einem riesigen Areal, 1500 Jahre vor unserer Zeit, etwas hingebaut, dass akkurater, symmetrischer und perfekter nicht sein könnte. Von oben ergibt alles einen Sinn, sogar für unterbemittelte Touristen. Naja, zumindest für manche.

Runter ist ein Abenteuer. Da ich bekannt bin für meine spektakulären Treppenstürze, und nicht viel Wert auf Purzelbaeume aus 64 Metern Hoehe über unebene Steinstufen lege, halte ich mich doch lieber an dem dargebotenen Seil fest. Weiter gings zur Mondpyramide, etwas kleiner, dafür direkt am Ende der Allee gelegen mit einem noch faszinierenderem Blick. Auf dem Weg dahin wird man auf jedem Meter von Souvenirverkäufern angesprochen, bei denen angeblich alles umsonst ist, dann aber doch einen Dollar kostet. Ich habe noch nie so viele Menschen komplett ignoriert. Ist das einfachste. Die Symmetrie raubt den Atem. scheinbar achtlos verteilte Steinhaufen ergeben ein fantastisches Bild, moderne Kultur ist nur eine Linie, frei Hand gezogen.

Essen gab es dann endlich. Um überhaupt auf die Häufchen hinaufklettern zu können, mussten wir uns vorher mit einem Eis stärken. Beim Essen hatte der Kellner die grandiose Idee, mein Steak auf der heissen, gusseisernen Pfanne, samt Guacamole und Beilage mit etwa einem halben Liter Brandy zu übergiessen. Gibt so hübsche Flammen. Während das Steak keinen Schaden davontrug, war ich nach zwei Löffeln Guacamole ein wenig angeschickert.

Zurück in die Stadt. Und ich hab eine neue Lieblingsbeschäftigung in Mexiko: Menschen in ihren Autos beobachten. Unglaublich. Das ist, wie Wohnungen inspizieren. Orangene Stofffische am Rückspiegel, Omi und Opi im coolen Pick Up, dicker Mittzwanziger mit Mutti und Vati. Sehr spannend. Ein Busfahrer hat den " Eric Roberts Lookalike Contest" gewonnen.

Kurz vor Ende der Reise lehnte eine alte Frau in ihrem offenen Fenster und beobachtete das Treiben auf der Strasse. Lange weisse Haare, weisses Kleid und ein wollweisser Pudel lag neben ihr und schaute auch interessiert auf die Strasse. Ein Bein lässig von der Fensterbank baumelnd. Warum, frag ich mich, sind die noch weiss? Sie muss ständig Haare, Hund und Kleid waschen, denn durch die Abgase müssten alle drei schon dunkelgrau sein.

Zu guter letzt wurden alle wieder nach Hause gebracht. Da meine Adresse nicht die bekannteste war, ich sag den Taxifahrern immer das nächstbekannte und leite sie dann mit meinen drei Brocken Spanisch bis zum Appartmenthaus, durfte ich den beiden Guides noch den Weg erklären. Und dann, kaputt nach 12 Stunden endlich unter die Dusche, um auch mir den grauen Staub abzuwaschen.