Saturday, December 29, 2012

Viel zu gefährlich

Dieser Blogpost ist definitiv völlig egoistisch. Ich hab diese Konversation schon so häufig führen müssen, daß ich es einfacher finde, einen Link zu verschicken. Ein bißchen wie bei der Arbeit. Ich investiere lieber ein paar Stunden in ein Trainingvideo als zum hundertsten Mal dieselbe Frage beantworten zu müssen. 

Also, warum fahre ich Motorrad, wo das doch soooo gefährlich ist?

Alle paar Minuten stirbt ein Motorradfahrer oder wird schwer verletzt. Motorradfahrer haben keine Knautschzone, werden ständig übersehen und sind einfach die schwächeren wenn es zu Kollisionen mit anderen motorisierten Verkehrsteilnehmern kommt. Und dennoch, ich fahre weiterhin Motorrad.

Es ist wahr, keine Knautschzone. Der Helm, die Handschuhe, Jacke und Hose die gut gepolstert sind und mir regelmäßig bewundernde Blicke von Frauen einbringen, ist das einzige, was zwischen Asphalt und mir liegt. Autofahrer sind meistens mit anderen Dingen beschäftigt, als mit Autofahren. Lesen, Radiohören, SMS schreiben oder Lesen, den Weg auf Google Maps finden, Telefonieren, Schlafen, Essen, Rauchen, etc. Und darüberhinaus sind sie in den USA noch nicht mal anständig ausgebildet. Nicht jedes Land verlangt Unsummen von seinen Bürgern, um ein Auto bedienen und auf unschuldige Passanten und Motorradfahrer losgelassen werden zu dürfen... Allerdings sind sie hier um einiges netter und rücksichtsvoller. Wenn sie Dich sehen...

Und dennoch. Trotz all der Gefahren, trotz der 98%igen Wahrscheinlichkeit, zu Tode zu kommen, trotz der so unglaublich unvorteilhaften Kleidung, die die breiten Schultern noch breiter und den dicken Hintern noch dicker macht, dennoch fahre ich weiterhin Motorrad.

Wenn ich es erst einmal geschafft habe, mich in Hose, Stiefel, Jacke, Handschuhe und Helm zu zwängen und die Maschine warm genug ist, um nicht an der nächsten Ampel wieder abzusaufen, wenn sie schnurrt, vibriert und sich anfühlt, als ob sie es kaum erwarten könnte, endlich auf den Freeway zu kommen, um sich auszutoben, wenn sie auf jede noch so kleine Bewegung von mir reagiert, sich in die Kurven legt, aufrichtet, mit Leichtigkeit so schnell wird, kleine Bocksprünge vor lauter Freude und Übermut zu machen scheint, die kalifornischen Highways entlang sprintet, als hätte sie nie etwas anderes getan. Dann gibt es nicht viel, was mich glücklicher macht. Das gleiche gilt für sie. So albern das klingt. Aber es ist einfach zu erkennen, ob ihr eine Strecke gefällt oder nicht. Sie mag nicht durch die Stadt fahren und an jeder Ampel halten (von grüner Welle hat hier noch niemand etwas gehört). Sie liebt kurvige Highways mit schnellen, geraden Abschnitten zwischendrin. Sie liebt es, schnell über den Freeway zu fahren. Wobei 160 km/h für sie nicht schnell sind. Für mich schon, angesichts der Fahrkünste der anderen Autofahrer und der Tatsache, daß hier immer Verkehr ist!

Darüber hinaus gibt es in Kalifornien so viele Straßen, die perfekt zum Motorradfahren sind aber auf denen Dir über Stunden hinweg kein Auto entgegenkommt. Ab und zu mal ein Reh, ein Eichhörnchen und jede Menge Insekten. Aber kein Auto. Das gefährlichste, abgesehen von den Kurven, ist die atemberaubende Natur. Man sollte sich nicht zu oft nach Redwoods oder einem weiteren tränenverursachenden Ausblick auf den Pazifik umdrehen. Immer schön den Blick auf die Straße!

Das ist ein weiterer Grund, weshalb ich so gern Motorrad fahre. Wenn ich fahre, denke ich an nichts anderes, als an die Straße und das Motorrad. Da ist kein Platz. Jede Ablenkung kann fatale Folgen haben. Somit ist es ähnlich wie Yoga oder Wakeboarding. Volle Konzentration. Kein Gedanke an die Arbeit oder alles andere, was sonst in meinem Leben passier. Straße, Autos, Wildwechsel, Maschine. Nichts anderes. 

Versuchs mal :-).

Sunday, December 02, 2012

Burning Man - bißchen verspätet


Meilen in Zahlen hören sich recht wenig an. 338 Meilen von San Francisco nach Black Rock City, zum Burning Man. Nur vergesse ich dabei immer, daß eine Meile mehr als eineinhalb mal so lang ist wie ein Kilometer. Das Tacho scheint sich überhaupt nicht zu bewegen, bei jedem Straßenschild mit Meilenangabe fragst Du dich: "Aber ich bin doch gerade soo lange gefahren und es sind immer noch soo viele...ach ja...Meilen!"

Mein Kollege und ich wollten mittags losfahren, noch kurz einkaufen und dachten, daß wir dann abends da sein sollten. Vielleicht auch etwas später, je nachdem, wie lang die Schlange vor dem Festivalgelände wäre.

Aber da hatte ich die Rechnung ohne die Meilen, meinen lateinamerikanischen Kollegen und die Sortierung amerikanischer Supermärkte gemacht. Als wir dann endlich alles besorgt und in unserem fiesen Cargovan verstaut hatten, war ich schon einmal komplett durchgeschwitzt (was bei der Aussicht auf vier Tage ohne Dusche nicht gerade zur Steigerung der Vorfreude beitrug) und es war mittlerweile vier Uhr nachmittags. Aber schließlich ging es, mit Klimaanlage auf Hochtouren, in Richtung Nevada und Wüste.

Die Strecke ab Sacramento über Tahoe und Reno ist wunderschön. Kurvig, bergig, waldig und ab und zu mit atemberaubenden Ausblicken. Als die Sonne immer tiefer sank, färbte sich der Himmel in orange-rot-lila. Die Konturen der Berge waren scharf gegen den Horizont zu erkennen und der fast komplette Vollmond stand am Himmel. Wir würden nicht nur unseren ersten Burning Man erleben, oder unseren ersten Burning Man bei Vollmond (der letzte bei Vollmond war vor 13 Jahren), nein, es war sogar ein "Blue Moon", also der zweite Vollmond innerhalb des selben Monats. Etwas, daß nur etwa alle 2.5 Jahre einmal vorkommt. Alle Zeichen standen auf "Richtiger Ort zur richtigen Zeit". 

Die "Straße" zum Event war eine sechsspurige Sand- oder besser Staubpiste. Höchstgeschwindigkeit war zunächst 10 Meilen dann 5 Meilen pro Stunde. Das ganze hatte etwas von einem Schildkrötenrennen. Es hatte auch etwas sehr unwirkliches, durch den Staub zu fahren, nur die Rücklichter der Autos vor uns, oder, wenn diese zu schnell unterwegs waren, gar nichts zu sehen. Und so krochen wir in Richtung Eingang. Die Wartezeit war erträglich. Allerdings gab es vier Schlangen. Die erste war dazu da, herauszufinden, ob man das Ticket schon in der Hand hatte oder es am "Will Call" Schalter abholen mußte. Hatte man ein Ticket, ging es direkt an Schlange Nummer 3. Wir hatten leider keines, somit mußten wir zunächst an Schlange Nummer 2. Schlange Nummer 3 diente dazu festzustellen, ob man unerlaubte Substanzen, Gegenstände oder blinde Passagiere an Bord hatte. Und danach ab zu Schlange Nummer 4. Die Begrüßungsstation! Jeder mußte aussteigen und wurde umarmt und willkommen geheißen. Da wir zum ersten Mal dabei waren, durften wir uns überdies in den Sand legen und ein wenig herumwälzen. Ich verzichtete, aufgrund meines doch sehr kurzen Kleides, meines pinkfarbenen Slips und des jungen Mannes, der direkt vor mir stand und mich aufmunternd anblickte, darauf, einen Sandengel zu formen. Auch wenn das vielleicht genau das war, was man beim Burning Man tun sollte. Gerade deshalb!

Alles in allem dauerte es etwa zwei Stunden bis wir um halb eins im Camp eintrafen. Ganz im Sinne von "First things first" wurde zunächst einmal auf unseren Trip angestoßen werden. Mit Champagner! Felipe hatte die hervorragende Idee, einige Gallonenflaschen Wasser einzufrieren und in eine große Kühlbox zu packen. Das hielt sich über Tage hinweg. Ich wünschte nur, wir hätten die gefrorenen Flaschen eher gegen etwas anderes zum Kühlen ausgetauscht. Zum Beispiel Alkohol :-).

Wir ordneten unser Gepäck nach "Easy Access" und dann machten wir uns auf den Weg zur Party. Tausende von Menschen, Wohnmobile oder eher Mobile Homes, Zelte, Camps, Sofas, Mottocamps, Orgiencamps (die mir allerdings zu ruhig vorkamen, als daß da dort wirklich etwas abgehen würde, das man als Orgie bezeichnen könnte), Art Camps, bunt und verrückt geschmückte und blinkende Fahrräder und Menschen. und all das mitten in der Wüste. Laute Musik dröhnte von überall her, ganze Clubs waren aufgebaut, Häuser, eine Mini-Wallstreet, Gärten, Paläste, Schiffe. Eine komplette Stadt. Aufgebaut aus dem Nichts, die in ein paar Tagen wieder völlig verschwunden, bzw. abgebrannt sein würde. Aber bis dahin sollten wir noch jede Menge Spaß haben.

Wir brachten es tatsächlich fertig, Jon, June, Helen und ihren Freund Kyle in dem Gedränge am Opulent Temple zu finden. Es war nicht ganz so einfach, wie in San Francisco, wo Jon üblicherweise der längste im Club ist. Außerdem waren viele verkleidet und, einer sah besser aus als der andere! Das konnten ja gute Tage werden! Und Nächte! Ich ließ Felipe bei den anderen, da ich bereits wieder auf Toilette mußte. Champagner, Wasser und meine spezielle Wodka Lemon Mischung: Wodka und Zitronensaft, zollten ihren Tribut. Und irgendwie muß ich immer besonders oft, wenn die Örtchen sich entweder besonders weit weg befinden, oder es sich lediglich um Dixieklos handelt. Allerdings waren dies die saubersten Dixieklos, die ich jemals benutzt habe. Und das nach Tagen in der Wüstenhitze und tausenden von Nutzern, die literweise Alkohol und extrem viele Drogen konsumiert hatten! Und, was auf mich zutraf: Powerriegel!

Als ich zurückkam, konnte ich die anderen nicht mehr finden. Ich tanzte und hielt nach ihnen Ausschau, aber es dauerte fast eine Stunde, bis ich ein bekanntes Gesicht sah. Brian, der Freund von Jons Bekannter. Der fand sofort Gefallen an meiner Wodkamischung und meinem Leuchtstick von Walgreens mit Walt Disney Prinzessinnenmotiv. Und schließlich fand er auch Jon und June. Allerdings schien Felipe verloren gegangen zu sein. Etwas, das sich über die nächsten Tage ständig wiederholen sollte. Entweder vergaßen wir ihn oder er war weg. Wir tanzten ein wenig und schließlich machten sich Jon und June auf den Weg zum RV, da June wohl ein wenig überdosiert hatte. Passiert schnell, wenn man gerade mal so viel wiegt, wie ein halbes Brot!

Wir tanzten und feierten und überraschenderweise war kein bißchen müde und richtig gut drauf. Im Nachhinein erfuhr ich, daß Brian dachte, ich hätte Drogen genommen. Haha, Schlafmangel, ein wenig zu viel Glück, körperliche Ertüchtigung können dieselbe Wirkung haben. Günstiger und ohne Nebenwirkungen! 

Als es langsam hell wurde, gingen wir zu einem anderen Club, einer zu drei Seiten offenen Pyramide, die direkt am Rande des Eventgeländes lag. Von dort aus konnte man direkt in die Wüste gehen. Und nicht mehr zurückkommen. Ich konnte es kaum erwarten, den Sonnenaufgang über der Wüste zu erleben. in diesem Club, tanzte ich mit einem großen Typen, der mit Fellmütze und weißer Fellweste fast aussah wie ein Eisbär. Oder ein großes Robbenbaby... Alex, das russische Robbenbaby, und ich haben getanzt und sind dann raus in die Wüste, um uns den Sonnenaufgang anzuschauen. Auch wenn die Sonne hinter den Wolken versteckt war, dort in der Wüste zu stehen, wo es kurz vor Sonnenaufgang immer kälter wurde (ganz Gentleman bot Alex mir sein "Robbenfell" an) und die Farben, die Stimmung und alles, was dort passierte, in sich aufzunehmen, war unbeschreiblich.

Alex brachte mich zurück zu meinem Camp und baute netterweise mein Zelt auf, bevor er zurück zu seinem Camp ging. So sollte das immer gehen. Einen Typen kennenlernen, ihn mit nach Hause nehmen, damit er mein Motorrad, meine Spüle oder sonst was reparieren, Lampen oder Regale anbringen, putzen oder aufräumen kann. Und ihn dann nach Hause schicken, wenn die Arbeit erledigt ist :-). Hier sei angemerkt, daß ich ihn zwei Tage später beim Burning Man und später noch einmal in San Francisco wiedergesehen habe und er ohne sein Eisbärenkostüm nicht annähernd so gut aussah. Mädels: Kostümfeste sind keine guten Gelegenheiten Männer kennenzulernen. Vor allem Perücken oder andere Kopfbedeckungen dienen meistens nur dazu, fehlende Haare zu kaschieren...

Ich fiel ins Zelt und versuchte zu schlafen. Blöderweise war mein Schlafsack für nachts zu kalt und für tagsüber zu heiß. Somit fror ich erst bis ich dann endlich einschlief, nur um halb elf schweißgebadet aufzuwachen, als die Sonne um den RV herumgeschlichen war und erbarmungslos auf mein Zelt brannte. Zeit zum Aufstehen!

Felipe hatte eine prima Nacht auf seiner bequemen Luftmatratze im kühlen Van verbracht. Aber mich hätten keine zehn Pferde dazu gebracht, mich neben ihn zu legen! Um die Hitze draußen zu halten, hatte er alle Fenster und Türen geschlossen und es roch im Van wie in einer Pumahöhle! Überdies schnarcht er so, daß man es durch geschlossenen Türen hören kann. Ich machte mich auf den Weg, mein Fahrrad vom Verleih abzuholen. Dort hatte ich dann auch die erste Gelegenheit, nach Wodka und meinem Leuchtstick an Brian, Batterien an ein Mädel zu verschenken, deren Fahrradlicht neue benötigte. Geschenke geben und bekommen war übrigens neben der Kreativität und der Natur das Beste am Burning Man. Endlich unter Menschen zu sein, die es ebenfalls als selbstverständlich ansehen, das, was man hat, mit anderen zu teilen. Jedem das zu geben, was er gerade und man selbst gerade nicht braucht. Und das ganze dieses Mal reziprok. Und ich habe mich nicht schlecht gefühlt, auch mal Geschenke anzunehmen!

Jon, June, Brian und ich machten uns dann auf den Weg, Kaffee zu kaufen. Wir verbrachten ein paar Stunden im Center Camp und ich verstand wieder einmal, warum Café Americano auf Eis nach Wasser mein liebstes Getränk ist! Wir schauten uns zwei Sänger und eine Tänzerin an und entspannten uns einfach nur, bevor wir dann wieder zurück zu unserem Camp liefen. Zusammen mit den anderen ging es dann zum Distrikt Camp, zur Nachmittagsparty.

Da war ich immer noch betrunken und aufgedreht genug, um nicht aufzufallen unter allen anderen, die gut was eingeworfen hatten. Helen war besonders gut drauf. Gerade mal eine Handbreit größer als June und eine Scheibe schwerer. Wir tanzten den ganzen Nachmittag, freuten uns über jedes Bißchen Wasser, das der nette Herr mit dem Tank auf dem Rücken über uns sprühte und hätten ewig so weiter machen können. Hier ein paar Eindrücke. 

Ich versuchte mich, nachdem wir den Sonnenuntergang betrachtet und ausgiebig fotografiert hatten, an einem kleinen Nickerchen, um für den nächsten Abend fit zu sein. Aber bevor ich einschlafen konnte, tauchte Mira auf. Ich zog mich also an, dieses Mal trug ich ein wenig weniger als am Abend zuvor. Boots, Overknees, kurzer Rock, Spitzenhandschuhe, Krawatte, Perücke, Hut, Hosenträger und zwei Aufkleber für die Nippel. Klingt nach ner Menge aber dennoch war ich fast nackt. Lark, Mira und ich machten uns auf den Weg zu ihrem Freund Chris, der uns in seinem Art Car, einem U-Boot namens "Nautilus" durch die Gegend fahren würde. Das war ziemlich cool. Der Ausblick und die Reaktionen der Leute bei unserem Anblick ließen mich mehr und mehr verstehen, was an Burning Man so faszinierte.

Dafür, daß das ganze ca. 500km weit vom Meer, mitten in einer der trockensten und staubigsten Gegenden der Welt stattfand, hatten viele der Kunstwerke ein maritimes Thema: U-Boot, Piratenschiff, gesunkenes Schiff, Fische, Pier, usw. Half aber nix. Es blieb trocken.

Wir fuhren auf die andere Seite des Playa und sahen zu, wie einige der Kunstwerke stilvoll in Flammen aufgingen. Auch wenn das auf den ersten Blick nach einer üblen Verschwendung ausschaut, hat es einige praktische Vorteile: es ist warm, es hat etwas spektakuläres und mystisches, das sehr gut zum ganzen Event passt, man muß den ganzen Kram nicht wieder abbauen, einpacken, abstauben, verstauen und nach Hause transportieren, sondern nur ein paar Tüten Asche mitnehmen. Und nächstes Jahr kann man wieder was neues bauen. Das sollten wir bei der Arbeit mal auch so machen!

Schließlich ging es wieder zurück zum Camp und nach ein bißchen mehr Alkohol auf zum ersten Club. Dazu fuhren wir mit dem Rad quer über den Plaza. Sehr spannend, etwas anstrengen und man bekommt jede Menge Staub in den Hals. Eine Weile später stellte ich fest, daß ich das Nickerchen definitiv gebraucht hätte. Darüber hinaus hatte ich die anderen verloren. Somit fuhr ich allein ins Camp zurück und ging schlafen. Und wieder wurde es unglaublich kalt!


Am nächsten Tag hingen wir einfach nur im Camp herum. Das Camp gegenüber spielte den ganzen Tag Chill Out Musik, die besser nicht hätte sein können. Wir spielten ein wenig Zirkus und verschenkten Haarspangen an vorbeifahrende Burner. Es war so entspannt. Wir tranken, redeten und schließlich schliefen wir alle im RV. Irgendwann nachmittags wachten Brian und ich auf und da alle anderen noch schliefen, beschlossen wir, mit dem Fahrrad zum Tempel zu fahren.


Ich bin nicht spirituell. Ich glaube an keinen Gott. Nachdem ich einige Bücher und Seminare zum Thema Meditation gelesen und besucht habe, glaube ein wenig mehr daran, daß ich mich und meine Stimmung beeinflussen kann. Aber was dort im Tempel passiert ist, war erstaunlich. Ich ging hinein und kam keine zwei Meter weit, bevor ich mich hinsetzen mußte. Es fühlte sich an, als ob ich mit einem Baseballschläger in den Magen getroffen worden und alle Luft aus mir entwichen wäre. Und zur selben Zeit sank eine unglaubliche Traurigkeit auf mich nieder. Mir war als wäre ich aus einem warmen, glücklichen Zimmer in ein eiskaltes, trauriges getreten. Ich fühlte mich so unendlich traurig. Bis zu diesem Moment war ich so glücklich, so unbeschwert. Aber dort fühlte ich plötzlich die gesamte Traurigkeit aller Menschen um mich herum. Jeder hatte etwas geliebtes verloren und trug seinen Kummer offen daher. Und ich fühlte mit jedem Einzelnen von ihnen. Ich war nicht selbst traurig. Nicht traurig für mich. Dazu habe ich keinen Grund. Aber mir war, als ob ich Blut spenden würde, oder besser, Glücklichsein und das Rote Kreuz nicht bei 500ml aufhört. Jemand hatte mich angezapft und sog alles Glück aus mir heraus. Und wie beim Blutspenden mußte ich mich hinsetzen, da ich nicht mehr genug Kraft hatte, zu stehen oder mich zu bewegen. Ich saß einfach nur da und weinte. Weinte für alle um mich herum, die so unglaublich traurig waren.

Brian kam schließlich wieder. Aber anstatt mich dort rauszubringen, erzählte er mir, daß er im August zwei sehr gute Freunde verloren hatte. Einen durch einen Motorradunfall, die andere hatte Krebs. August. Warum ist der August so grausam?! Ich nahm ihn in den Arm und gab ihm den Rest an positiver Energie, die noch in mir war. Mir war klar, daß ich nach diesem Erlebnis nicht mehr wirklich in der richtigen Stimmung für Parties war. All die Energie, all die positiven Gedanken, der Spaß. Ich fühlte mich so müde, so erschöpft. Nicht wirklich traurig aber auch nicht in Stimmung zum Feiern. Dennoch ging wir aus. Bereits am Nachmittag hatte der Sandsturm begonnen. Als wir zum Tempel fuhren, trugen wir Brillen und Mundschutz. Beim Ausgehen sah das besonders seltsam aus. Jeder hatte Masken auf und es war schwierig zu sehen, wohin man lief oder fuhr. Was nicht gerade dazu beitrug, meine Stimmung zu heben. Und wieder verabschiedete ich mich früher und fuhr zurück ins Zelt. Und fror.

Nächste Tag war noch entspannter als der Tag zuvor. Wir hingen nur beim Wohnmobil herum und lauschten der Chill-Out Musik unserer Nachbarn. Brian und ich machten uns auf, um das Piratenschiffswrack anzuschauen, von dem wir so viel gehört hatten. Da hatten sie tatsächlich ein Schiffswrack in die Mitte der Wüste gesetzt! Und später wurde es abgebrannt. Wir trafen noch auf einen laufenden, mannsgroßen Penis und, nachdem wir uns noch einmal in den Tempel gewagt hatten, auf Komplimentemann.


Der hatte es wirklich drauf. Von wegen, schöne Haare und tolle Beine. Er fand die tollsten und sehr ehrlich gemeint klingenden Worte für all die Dinge, die Du an dir selbst ziemlich super findest aber bei ihm kling es so eloquent und wunderbar, daß Du dich wie der schönste und wichtigste Mensch auf der ganzen Welt fühlst. Am Abend sollte dann der Mann verbrannt werden. Felipe und ich wollten uns kurz darauf auf den Heimweg machen, da ich am nächsten Tag an der Küste hoch fahren und den Rest meins Urlaubs antreten wollte. Ich schaute mir das ganze aus sicherer Entfernung vom Dach des Wohnmobils aus an. Ich bin kein Fan von großen Menschenmassen und wollte auch langsam nach Hause.

Und Felipe war sogar pünktlich, so daß wir uns um halb elf abends auf den Weg zurück nach San Francisco machten. Sieben Stunden, 360 Meilen, im Dunkeln durch Nevada und Nordkalifornien bis wir um halb sechs in San Francisco ankamen. Felipe pennte zwischendurch ein wenig und ich versuchte mich, mit lauter Musik und Americano auf Eis wachzuhalten. Wir luden Felipes Sachen aus und fuhren dann zu mir. Wo ich feststellte, daß mein Schlüssel ja im Leasingoffice lag, weil mein Freund Tim aus Deutschland vorher zu Besuch da war und ich verpeilt hatte, mir rechtzeitig von Mira den Ersatzschlüssel zu holen. Also lud ich alles aus und ließ Felipe losfahren, nachdem wir uns für mittags zum Wagenwaschen verabredet hatten. Nachdem der Nachtnotdienst mich in die Wohnung gelassen und ich geduscht hatte, fiel ich schließlich um halb sieben ins Bett. Nur um halb elf wieder aufzustehen, zu Frühstücken, zu packen und mich auf den Weg zum Wagenwaschen zu machen. Felipe hatte dann wieder einmal eine glorreiche Idee, ein wenig Geld zu investieren und den Wagen waschen zu lassen! Somit konnte ich mich direkt auf den Weg machen!

Und nach etwa siebeneinhalb Stunden und weiteren 260 Meilen auf einigen der schönsten Straßen, durch die schönste Gegen, die ich jemals gesehen habe, erreichte ich durchgefroren und mit extrem schmerzenden Hintern einen der schönsten Orte, den ich je gesehen habe. Ich schaffte es noch, zu Abend zu essen und mich zurück ins Hotel zu schleppen, nur um dann völlig erschöpft ins Bett zu fallen und 14 Stunden am Stück zu schlafen.

Bücher und Liebe

Andere Menschen sind anders als ich. Menschen, die ich kennenlernen und besser verstehen möchte. Interessant und individuell. Jeder anders, jeder besonders auf sein Weise. Jede Person ist ein Buch, das neu spannend ist und von Anfang bis zum Ende gelesen werden will. Je mehr Bücher man liest, desto besser versteht man alle anderen um sich herum. Man legt die Annahme ab, daß jeder gleich oder ähnlich funktioniert wie man selbst. Was letztendlich nur zur völligen Frustration führen kann.

Liebe ist, das Buch des anderen aufmerksam zu lesen und zu studieren. An bestimmten Stellen Worte oder Zusammenhänge nachzuschlagen, zu kommentieren und vielleicht auch Verbesserungen vorzuschlagen. Dem anderen zuzuhören, seine Sprache zu verstehen. Zu wissen wie er auf meine Sprache reagiert.

Die selbe Sprache sprechen, ohne Mißverständnisse. Und wenn sich diese Sprachen unterscheiden, die Sprache des anderen zu lernen bis zum letzten Idiom, Dialekt, zur letzten Eigentümlichkeit. Wissen, was der andere meint. Und obwohl man immer wissen sollte, was der andere meint, muß man nicht alles wissen, was der andere denkt oder tut.

Friday, June 29, 2012

Eingezogen und ordentlich durchgeshuttelt

Ich sitze im Shuttle auf dem Weg nach San Francisco. Leider kann ich den vorderen Sitz im oberen Teil des Doppeldeckerbusses nicht so völlig geniessen, da das Rollo leider kaputt und die obere Hälfte der Scheibe somit verdeckt ist. Aber es gibt weitaus schlimmere Dinge im Leben.

Ich bin endlich in meine Wohnung eingezogen. Samstag früh, nach einer üblen aber glücklicherweise nicht allzu langen Nacht, stand ich um neun Uhr morgens vor meinem Apartmentgebäude und wartete auf die Möbelpacker. Ab halb zehn haben die Jungs dann Möbelstücke und Kartons in die Wohnung getragen, ausgepackt und aufgebaut. Daß ich selber einräumen mußte, war mir bis dahin nicht so ganz klar. Ich dachte, ich könnte schön auf dem Balkon, oder später auf dem Sofa sitzen und den Jungs zuschauen. Aber nein, Bücher, Küchengegenstände und Kleidung waren meine Aufgabe. Die ersten beiden ließen sich recht problemlos angehen. Wenn man mal davon absieht, daß mein Bücherregal derzeit gegen jede einzelne Erdbebenvorbeugungsregel verstößt und ich es in am Wochenende in mein Wohnzimmer umsiedeln muß.

Als es jedoch daran ging, meine Kleidung unterzubringen, sah ich mich einem schier unüberwindbarem Problem gegenüber. Einem Kleiderschrank, der nicht mal halb so groß ist wie mein bisheriger. Kamel, Nadelöhr, Cinderella's dicke Schwester, Schuh, Wurst, Pelle. Das waren nur ein paar der Gedanken, die mir angesichts der Berge auf meinem Bett (in das ich mich doch so gern legen und einfach nur noch schlafen wollte), kamen. Gar nicht erst zu reden von den drei Koffern, zwei Umzugskisten, zwei großen Tüten und mehreren Schuhkartons, die noch in meinem Apartment in Santa Clara standen...

Nicht, daß ich eine Carrie Bradshaw wäre. Ich habe eine übersichtliche Anzahl an Schuhen und hatte bereits in Hamburg nahezu die Hälfte meiner Kleidung aussortiert. Nur, von 80 auf knapp 60 qm (ca. 600sft) und der Liliputversion des bisherigen Schrankes zu wechseln, läßt scheinbar wenig dann doch unglaublich viel aussehen.


Nun denn, gestapelt, gefaltet, umgeräumt, improvisiert und getrieben von einer extremen Abneigung für Dinge, die überall herumfliegen, krempelte ich die Ärmel hoch und los gings. Bitte versteht mich nicht falsch, ich bin alles andere als ordentlich. Aber Ordnung halten ist recht einfach, wenn man einen großen Stauraum hat, den man hinter Türen oder Vorhängen versteckt.

Nun denn, nach zwei Tagen Arbeit, kam das dabei heraus:




Um sechs Uhr morgens aufzustehen kann auch eine schöne Seite haben. Die Sonne scheint ins Apartment, mit dem Kaffee in der Hand steh ich auf dem Balkon, schaue auf den Pool und in die Sonne und atme noch einmal tief durch, bevor der tägliche Kampf und Trott wieder losgeht. Murmeltier ahoi!

Übrigens frage ich mich immer mehr, wie es hier überhaupt zur Finanzkrise kommen konnte. Meine Kreditwürdigkeit läßt scheinbar extrem zu wünschen übrig. Heute wurde meine Debitkarte (ähnlich wie Maestro, für die nicht Banker unter Euch) abgelehnt, als ich damit eine Briefmarke kaufen wollte. Fällt einem dazu noch etwas ein??

Ach ja, der Pool:

Der beste Vater der Welt

Nachdem meine Mutter den Eintrag über sich voller Begeisterung nicht nur gelesen, sondern auch ausgedruckt und ihren Freundinnen vorgelesen hat, denke ich, es ist an der Zeit, auch etwas über meinen Vater zu schreiben.

Auch von ihm war nie viel Mitleid zu erwarten und auch er kannte viele Sprüche, wie z.B. "Das wird schon wieder." Stimmt ja auch. Es ändert meistens nichts an einer Situation wenn man sich lange grämt und jammert. Allerdings konnte er selbst sich recht lange über eine Sache aufregen. Verlorene Gegenstände, unerlaubt übernachtende Freunde. An dieser Stelle sei anzumerken, daß es sich jahrelang um den selben handelte. Anhand der Reaktion meiner Eltern hätte man denken können, es sei jedes Mal ein anderer gewesen :-).  Als ich älter wurde habe ich dann aber begriffen, daß er sich selbst die härtesten Standards setzt. Wenn er jemals etwas verliert, vergisst oder kaputt macht, dann ist die Aufregung und das Gemecker groß. Dann geht man ihm lieber aus dem Weg, bis er sich wieder beruhigt hat.

Es war und ist auch immer noch zwecklos, meinen Vater von etwas überzeugen zu wollen, das er nicht für eine gute Idee hält. Da können ihn keine zehn Pferde dazu bringen, seine Meinung zu ändern. Ich habe leider erst recht spät herausgefunden, wie er sich überzeugen läßt. Beziehungsweise, wie man ihn dazu bringt, sich mit dieser Idee anzufreunden. Einfach umsetzen, ohne vorher um Rat oder Erlaubnis zu fragen. Manchmal gibt es ein Donnerwetter aber oft findet er sich zunächst damit ab und nach und nach unterstützt er sie sogar. Auf seine Weise. Und manchmal, wenn es eine gute Entscheidung war, kommt sogar noch nachträglich ein Lob. Auf seine Weise. Als ich mir ein Motorrad gekauft hatte, war er alles andere als begeistert. Aber dann stellte er sicher, daß ich immer regelmäßig zur Inspektion ging, die Maschine über den Winter sicher in seiner Garage untergebracht war, wechselte das Öl, ohne mich dabei helfen zu lassen und kümmerte sich darum, daß meine Reifen gewechselt wurden als ich nicht nach Hause kommen konnte. Das andere Mal war er zunächst nicht begeistert, daß ich meinen Job kündigte und ein Studium begann. Aber als es dann kurz darauf in meiner alten Branche (einer Bank) bergab ging, war er dann doch dankbar und, glaube ich, ein wenig stolz, daß ich rechtzeitig ausgestiegen war. Und mittlerweile ist er sicherlich recht glücklich, daß ich meinen damals so "sicheren" Job gekündigt habe.

Grundsätzlich kann man meinem Vater auch nicht übelnehmen, daß er seine Meinung über die aller anderen stellt. Mein Vater kann und weiß nahezu alles. Außer kontemporärem Trivialwissen vielleicht. Wenn er etwas nicht kann, dann lernt er es. Manchmal weil er will, manchmal weil er muß. Aber alles wichtige kann er. Wir brauchten nie einen Handwerker, Maler, Elektriker, Klempner oder sonstigen Techniker. Er baute, renovierte, reparierte alles. Jeder Raum in unserem Hause wurde seit dem Hausbau mindestens zwei Mal renoviert. Als ich vier Jahre alt war, hat er den kompletten Dachboden ausgebaut und jedem von uns ein 20qm Zimmer verschafft auf das all unsere Freunde neidisch waren. Nicht zu vergessen den Spielflur, der auch etwa so groß war. Und ein eigenes Bad! Basierend auf meinen Entwürfen hat er mir eine komplette Einrichtung für meine Monchichis geschreinert. Zusammen mit meiner Mutter hat er uns eine große Kiste Bauklötze zugesägt und gefeilt. Die wurden jahrelang freudig und fleissig für alle möglichen Zwecke verwendet. Und das allerschönste Geschenk, das ich jemals bekommen habe, war ein selbst gemachtes Schaukelpferd. Mal davon abgesehen, daß es ein richtiges Schmuckstück ist, war es auch ein großartiges und versatiles Spielzeug. Und das beste an diesem Geschenk war, das es derart liebevoll geschreinert war, daß mir heute noch ganz warm ums Herz wird, wenn ich es in meiner Wohnung stehen sehe. Nach 32 Jahren und jahrelanger Extrembelastung sieht es immer noch perfekt aus und wird für immer mein liebstes Möbelstück und Spielzeug bleiben.

Auch wenn ich damals oft erheblich anderer Meinung war, bin ich ihm für vieles dankbar. Die Wertschätzung für Geld, zu verstehen, daß man nicht alles haben kann, was man will. Oder, daß man zumindest hart dafür arbeiten muß. Die Fürsorge für andere, sich um sich selbst als letztes kümmern, erst dann, wenn es allen anderen in der Familie gut geht. Nicht lange rumeiern und jammern, sondern anpacken und ändern, was einen stört.

Wenn ich ihn heutzutage mit meinen Nichten umgehen sehe, dann bin ich ein wenig gespalten. Einerseits wünschte ich mir, er wäre mit uns so entspannt umgegangen. Die beiden werden seitdem sie 3 Jahre alt sind regelmäßig zum Friseur gebracht und bekommen, unter anderem, die Fingernägel lackiert. Bei mir wurde ein Riesentheater gemacht, als ich mit 16 Jahren anfing, mir die Beine zu rasieren. Andererseits freut es mich, ihn mit den beiden zu sehen. Die bedingungslose Liebe, die die beiden ihm entgegenbringen, hat ihn viel weicher und entspannter werden lassen. Ich weiß, daß mein Bruder und ich nie so herzlich mit ihm umgegangen sind und das bereue ich heute ein wenig. Aber dank der zwei Wirbelwinde bekommt er nun endlich die offene Zuneigung und Wertschätzung, die ihm zusteht!

Tuesday, June 26, 2012

Camping

Neulich habe ich in einem Blog erfahren, welche 100 Dinge eine Australierin über uns Deutsche weiss.  Während ich die Vorliebe für Stiefel, die Liebe zum Fahrradfahren und noch einige gute Dinge darunter waren, kann ich persönlich mit Camping nichts mehr anfangen. Ich verstehe jeden, der gern eins mit der Natur ist und auch aus finanziellen Gründen lieber im Wohnmobil oder im Zelt übernachte. Aber, ich persönlich habe in meinem Leben ausreichend Campingerfahrung gesammelt, um für den Rest desselben Hotels vorzuziehen.

Nachdem ich in den ersten Jahren meines Lebens Urlaube in Ferienhäusern in Dänemark oder auch Italien verbringen durfte, unter andern in einem Kinderbett, dass direkt von einer Müllkippe stammte, ging es etwas später auf Touren mit dem Wohnmobil. Wer jetzt an Hymermobile oder Sven Hedins/Thomas Cooks denkt, also Luxuswohnungen auf vier Rädern, falsch gedacht. Mein Vater hat eigenhändig DREI Volkswagenbusse zu Wohn- und Reisemobilen ausgebaut. Von nix zu "Wie ist es möglich so viel Stauraum und Funktionalität in so wenig Raum zu bekommen?". Wirklich! Wenn wir verreist sind, sah es so aus, als wollten wir nur mal eben zur Tante Edith und Onkel Kurt nach Mönchehof! Dank ca. 1 Million Schränken und versteckter Fächer, sah man gerade mal vier Vaude Schlafsäcke, einen etwas mitgenommenen Stoffhund und zwei Kinder auf der Rückbank.


Da isser. Das war der zweite. Diesel und ganze 51 PS! Es ist kein gutes Gefühl, wenn man auf der Autobahn am Berg von 18 Tonnern überholt wird. Ich hab es gar mal fertig gebracht, 10km mit angezogener Handbremse zu fahren und mich nicht wirklich zu wundern, warum die Kiste bergauf so langsam war. Gestunken hat es dann übrigens auch... Aber eines muss ich zugeben, als ich einmal selbst mit dem Bus und meinem damaligen Freund in den Urlaub gefahren bin. Ich bin eingestiegen und war im Urlaub. Man kommt damit einfach nicht schnell irgendwo hin, sondern ist gezwungen, sich die Zeit zu nehmen. Dann dauert es eben mal eine Woche bis man in Spanien angekommen ist. In diesem speziellen Urlaub war ich auch froh, dass der Bus bei Regen um einiges angenehmer und trockener ist als ein Zelt.

Zurück zum Camping. Wir waren nahezu überall in Westeuropa. England, Schottland, Dänemark, Holland, Belgien, Luxemburg, Frankreich (dort sind wir meistens eher durchgefahren auf dem Weg nach Spanien), Spanien, Italien, Schweiz, Österreich. Nach Osteuropa durften wir aufgrund des Jobs meines Vaters nicht. Ich bin ein wenig hin- und hergerissen zwischen der Begeisterung und Dankbarkeit dafür, so viele Länder, spannende und kulturell wertvolle Orte in so jungen Jahren gesehen zu haben. Sich mit Händen und Füßen mit anderen Kinder verständigt zu haben und somit schon früh begreifen zu dürfen, dass es andere Länder, Sprachen und Kulturen gibt aber man problemlos mit jedem auskommen kann. Und ich wusste bereits mit 8 Jahren, was Schwimmbad heisst, in fünf Sprachen. Andererseits war es unglaublich anstrengend. Wir waren nie länger als 2 bis 3 Tage am selben Ort und sind immer gerade dann abgereist, wenn wir Freunde gefunden hatten. Ich war die meiste Zeit hungrig, da ich recht wählerisch war, was das Essen anging und vor allem kein Weißbrot mochte. Mir wurde im Bus immer schlecht, da mein Vater nie im Ausland Autobahnen oder Tunnel benutzte, für die man bezahlen mußte. Serpentinen und Parkplätze, auf denen ich mich übergeben mußte. Ich werde niemals bulimistisch. Dafür hab ich mich in meinem Leben schon zu oft übergeben.

Campingplätze. Es gab unglaublich schöne, mit Palmen, Strand und Meer. Terrassenförmig angelegte, die mehr einem Abenteuerspielplatz glichen. In England gab es einen Campingplatz, der aussergewöhnlich hundefreundlich war. Dem Yorkshire und Foxterrier unserer Nachbarn zuzuschauen, war besser als Fernsehen. Waren sie im Wohnwagen eingesperrt, verbellten sie vorbeilaufende Personen und Hunde, waren sie im Freien, wurden diese Passanten bestürmt, angesprungen und verbellt. Besonders unterhaltsam war es, wenn sie mit dem Hundepaar von zwei Stellplätzen ihre Revierkämpfe austrugen. Alles in allem waren diese Jungs aber harmlos. Schlimmer war der aggressive Collie, der frei herumlief und meinen Bruder und mich regelmässig anfiel, wenn wir zur Toilette oder Dusche mussten. Schließlich konnten wir nur noch in Begleitung unseres Vaters gehen. Aus irgendeinem Grund haben fast alle Hunde Angst vor meinem Vater. Auch wenn mir das manchmal Leid tut, da er Hunde sehr gern mag, war das bei Lassies bösem Zwilling ein Segen. Es war herrlich mit anzuschauen, wie die eben noch zähnefletschende Bestie den Schwanz einzog und winselnd davon trottete. Und wir konnten endlich duschen. Zusammen mit Kakerlaken, Tausendfüsslern und was noch so in diesen unglaublich schmutzigen Sanitäranlagen herumkroch. Aber nach der Begegnung mit der Bestie gab es nicht mehr viel, was uns Angst einjagen konnte. 

Zu allem Überfluß kamen auch noch die Mücken dazu. Zugegeben, die gibt es auch in Hotels. Aber meine übelsten Erfahrungen mit Mücken habe ich dennoch im Urlaub gesammelt. Meine Familie war immer sehr glücklich darüber, daß keiner je gestochen wurde. Die haben sich alle an mir ausgetobt. Eines Abends haben wir auf einem Bauernhof übernachtet. Voller Stolz wurde dann, im Dunkeln mit Licht an, die Inneneinrichtung des Wohnmobils präsentiert. Währenddessen, sah ich förmlich, wie eine Armee von Mücken sich im Inneren des Busses versammelte und sich auf den Angriff vorbereitete... auf mich! Am nächsten Morgen wachte ich auf und konnte mein linkes Auge nicht öffnen. Einer der 14 Stiche, davon 9 in meinem Gesicht, landete direkt unter meinem Auge und schwoll so gewaltig an, daß mein Auge den ganzen Tag geschlossen blieb. Vom Juckreiz mal ganz abgesehen. Und wie es so schön heißt, wer den Schaden hat. Aber alle lachten natürlich nur mit mir, nicht über mich!

Eigentlich dachte ich, daß das mit den Mücken im Alter besser werden würde. Vor ein paar Jahren war ich eine Woche in Dänemark zum Kitesurfen. Übernachtet habe ich im Zelt in der Nähe der Bucht. In den ersten Nächten war es kalt und regnerisch. Als es dann sonnig und warm wurde, kamen sie: die Killermücken! Jeden Abend suchte ich mein kleines Zelt mehrfach nach Mücken ab, ich hatte ein Mückennetz und habe in Autan gebadet. Aber geholfen hat es nichts. Jede Nacht kamen 5 bis 10 Stiche hinzu. Am letzten Abend hatte mich wieder eine unterm Auge erwischt. Meine eine Gesichtshälfte schwoll dermassen an, daß man denken hätte können, daß mir einer ein Kiteboard um die Ohren gehauen hätte.

Aber, es sieht so aus als ob ich in Kalifornien doch wieder ein wenig auf den Geschmack kommen könnte. Letztes Jahr habe ich zwei Wochenenden an einem See ein paar Stunden nördlich von San Francisco verbracht. Und obwohl es unglaublich heiß war und der See völlig grün mit Algen und wir draußen übernachtet haben, ohne Zelt: kein einziger Mückenstich!! 

Thursday, June 14, 2012

Tierisches


Am Wochenende war ich mit Mira in Fort Bragg. Das ist ein
paar Stunden nördlich von San Francisco am Pazifik. Abgesehen vom Stau und einem etwas dödeligen Pickupfahrers, war allein die Fahrt dahin schon die Reise Wert. Strahlend blauer Himmel und eine wunderschöne Natur mit perfekten Straßen.

Abends kamen wir hungrig an und waren überglücklich, als wir nach einigen Enttäuschungen, unter anderem einem Diner in dem es roch als sei einer gestorben, endlich ein noch offenes und dazu noch sehr gutes Restaurant fanden. Nach gutem Essen und etwas Wein kamen wir zurück zum Hotel und trafen auf den jungen Herrn, der rechts auf dem Foto zu sehen ist. Wie auf dem Foto zu erkennen, wußte er nicht so ganz, was er tun sollte. Angriff, Flucht, oder einfach nur mal gucken, was passiert und sich dabei noch ein wenig im Kameralicht sonnen.

Aber das war nicht wirklich ein besonderes Ereignis, da ich schon ein paar Waschbären in meinem Leben gesehen habe. schließlich gibt es in der Stadt, in der ich aufgewachsen bin, eine amtliche Waschbärenplage.

Aber es gibt ja auch noch andere Tiere. Am nächsten Morgen bin ich früh raus und gejoggt. Nachdem ich am "Strand" in eine Sackgasse geraten war, die sich eher als "Strandtoilette" entpuppte. Wer kennt das nicht, man denkt, man hätte ein sehr abgelegenes und geschütztes Eckchen am Strand oder im Wald aufgetan und dann, entdeckt man die Taschentücher oder Klopapierfetzen... und verschwindet so schnell wie möglich wieder!

Jedenfalls bin ich hoch zur Strasse, einem Highway (Pacific Highway, oder Highway 1), vierspurig, mit etwa 65 km/h Höchstgeschwindigkeit, inmitten eines beschaulichen, kleinen Ortes... In diesem Ort bin ich dann eine Strasse herunter und die nächste wieder heraufgelaufen. Das interessante an diesen schönen Touristenorten am Pazifik ist, dass hier entweder nur ältere reiche Menschen wohnen, die es sich leisten können und nicht in die nächste Stadt zur Arbeit pendeln müssen,  oder diejenigen, die hier arbeiten. Da die Hauptarbeitgeber Hotels und Restaurants sind, handelt es sich meistens um Mexikaner. Somit erobert ein Volk so langsam aber sicher Kalifornien zurück.

Auf meinem Weg zurück, fast schon am Hotel angekommen, wurde ich fast umgehauen, vom Gestank, der von der Strasse aufstieg. Ich kenne einen ähnlichen Geruch von nahezu jeder Strassenecke in San Francisco aber letztlich ist dieser doch noch penetranter. Ein Stinktier! Und wer bislang dachte, dass ein   Gewehr oder sonstige Waffen ein wirksames Mittel gegen Stinktiere sei, dem sei gesagt: Hilft nicht, stinkt tot mindestens genauso!

Der Arme.


Friday, June 08, 2012

Keine Zeit

Etwas alt (vom September 2011), aber lesenswert.

Unglaublich, wie viel hier los ist. Mal wieder einen Tag nur auf der Couch zu verbringen, freiwillig, ohne Pläne, ohne Arbeit, ohne Streß und ohne Angst, etwas zu verpassen. Wobei, es ist gar nicht mal so sehr die Angst, etwas zu verpassen. Es gibt nur so viele Dinge zu tun, so viele Menschen zu treffen, so viele Orte zu sehen.

Samstag waren eine Freundin und ich zum Picknick auf Treasure Island. Bißchen kühl aber sonst sehr schön. Vor allem der Blick auf San Francisco und mit gaaaanz viel Glück auch die Golden Gate Bridge. Danach haben wir uns im Whirlpool wieder aufgewärmt und dabei mit einem sehr interessanten jungen Pärchen aus Wyoming unterhalten, die bei Ihren Freunden zum Grillen eingeladen waren. Am Abend sind wir sehr früh aufgebrochen um einen Tisch bei einem Spanier zu ergattern, der keine Reservierungen zulässt. Dort haben wir sehr lecker gegessen. Allerdings waren wir auch schon um acht Uhr fertig. Die Bar in der wir uns mit einem Mädel treffen wollten, das meine Freundin in der Woche zuvor in einer Galerie kennengelernt hatte, wurde erst ab 22 Uhr interessant. Somit haben wir uns in eine Bar um die Ecke begeben.

Dazu muß man sagen, daß um die Ecke in San Francisco teilweise eine recht abenteuerliche Strecke bedeuten kann. In diesem Falle ging es einen Block leicht bergab und dann einen zweiten sehr steil. Wenn jemand von Euch schon mal mit hohen Absätzen eine Treppe oder einen steilen Abhang hinuntergegangen ist, wißt Ihr wovon ich spreche. Und das nach einer Flasche Wein im Whirlpool und einer weiteren zum Essen.

Die Bar war nahezu leer. Die Kellner, die nur zur Aushilfe dort waren, um eine Wohltätigkeitsveranstaltung zu unterstützen, waren trotz der gerade mal 10 Gäste völlig überfordert. Wenn Dir ein Kellner in einer Cocktailbar sagt, das beste was er zustande bringen könnte sei ein Bier, weißt Du was Du zu erwarten hast! Nach einer gefühlten Ewigkeit hatten wir dann unsern Drink in der Hand. Ich hatte ein wenig Probleme mit meiner Stimme, dank einer leichten Bronchitis somit entschloss ich mich dazu, schreibend mit der Freundin zu kommunizieren. Das dauert, erfordert ein gutes Auge und bei meiner Handschrift nahezu archäologische Fähigkeiten. Zum Glück kann die Freundin einwandfrei chinesisch sprechen und schreiben, somit hatte sie es nicht gar so schwer. Darüber hinaus bin ich schnelles und schlagfertiges Reagieren gewöhnt. An diesem Abend sind mindestens 5 Witze und noch mehr astreine Kalauer eines leisen, ungehörten Todes gestorben. Nicht, daß das hier ohnehin dauernd passieren würde, da sich die englische Version von so vielen deutschsprachigen Scherzen als nicht, gar nicht, oder gar gar nicht witzig erweist.

Allerdings stellte sich heraus, daß diese Art der Kommunikation zu einigem an Kommunikation mit anderen Barbesuchern führte. Die Bar hatte sich mittlerweile gut gefüllt und wir gerieten in angeregte Konversation und ich bekam fast einen Schreibkrampf. Schließlich versuche ich es mit meinem Handy. Tippen mit Wörterbuch geht schneller und läßt sich einfacher lesen. Aus welchem Grund auch immer erregte unsere Konversation Aufmerksamkeit und wir kamen ins "Gespräch" mit einigen Herren und auch Damen. Nachdem ich mit kaum hörbarer Stimme versichert hatte, dass ich weder stumm sei noch dies eine Masche, um Männer aufzureissen, musste ich nun noch schneller schreiben. Es schien ansteckend zu sein. Als einer der Herren den Stift nahm, um eine Antwort aufzuschreiben, schrieb ich zurück, dass ich zwar nicht sprechen könnte, aber durchaus nicht taub sei.

Es war definitiv einer der lustigsten Abende und am nächsten Tag ging es meiner Stimme auch um einiges besser.

Thursday, June 07, 2012

Hooked

Ich bin schon immer ganz gern Motorrad gefahren. Anfangs mitgefahren, dann lieber selbst. Nur bisher war ich nie mit Motorrad am richtigen Ort. Entweder ohne Motorrad bei meinen Eltern, wo es sich gut fahren lässt, oder mit Motorrad in Hamburg, was langweiliger nicht sein könnte. Keine Kurven, keine Hügel und der Regen macht es auch nicht besser. Zudem hatte ich nie wirklich eine Gruppe von Leuten, mit denen ich fahren konnte. Ausser einen Ex-Freund, der überall mit der Maschine hinfahren wollte. Einfach, wenn man kurze oder kaum mehr Haare hat. Ich sah immer aus wie Struwwelpeter. Darüber hinaus sehe ich in Motorradkluft und Helm aus wie ein Typ. Dank breiter Schultern und 1.74m (zu gross für San Francisco, zu klein, um Model oder professionelle Volleyballspielerin als Karriere zu verfolgen. Im Nachhinein ist Produktmanager bei Google auch viel besser).

Somit passierte es ab und zu mal, dass wir von Frauen beim Anfahren, Anhalten und Absteigen beobachtet wurden. Aus eigener Erfahrung muss ich sagen, dass Motorradfahrer mit Helm meist attraktiver sind als ohne (ich entschuldige mich an dieser Stelle bei allen Motorradfahrern Es ist nur so, dass Helm, Maschine und coole Kluft die Erwartungen derart in die Luft schrauben, dass jeder, der nicht aussieht wie Hugh Jackman, automatisch als unattraktiv erscheint. Jedenfalls gab es in unserem Fall statt der üblichen Enttäuschung (ugh, so alt sah der mit Helm gar nicht aus), eine wohl ebenfalls nicht minder enttäuschende Überraschung als ich meinen Helm abnahm und die, damals noch längeren und völlig plattgedrückten Haare zum Vorschein kamen.

Gut, Spass hat es meistens dennoch gemacht. Aber nie so viel wie hier. Seit letztem Wochenende bin ich für immer und voll und ganz dem Motorradfahren verfallen. Präziser, dem Motorradfahren in Kalifornien. Unglaublich. Wunderschöne, einsame, gut ausgebaute, kurvige Strassen für all Level. Mit Meerblick, Redwoods, Ausblicken, die einem den Atem nehmen, Millionen von Fliegen, die an meiner weissen Lederjacken und meinen Boots zerschellen und mich aussehen lassen, als hätte jemand auf mich gekotzt, Sonne, Wärme, kalte Winde, kurz, allem, was das Motorradfahrerherz begehrt.

Darueber hinaus benimmt sich meine Ducati gerade vorbildhaft. Abgesehen von ein paar Zicken beim Schalten schnurrt sie wie ein Kätzchen (eher, ein ausgewachsener Tiger), nimmt jede Kurve mit fast noch mehr Spass und Schwung als ich und, im Gegensatz zu meiner alten Suzuki Bandit, springt sie jedes Mal ohne Probleme an. Auch wenn ich mal ein bis zwei Wochen nicht gefahren bin. Zunächst dachte ich, dass sie zu unbequem sei für längere Touren, aber auch das stimmt nicht. Je mehr ich fahre, desto bessere Freunden werden ihr Sitz und mein Hintern :-).

Vielleicht habe ich endlich gefunden, wonach ich so lange gesucht habe. Eine Leidenschaft. Etwas, dass mich alles andere vergessen lässt. Ein "Hobby". Wobei ich Leidenschaft bevorzuge. Wenn ich nicht fahren kann, besonders dann, wenn ich zum Beispiel eine besonders schöne Strecke im Auto zurücklegen muss, ertappe ich mich dabei, dass ich mich in die Kurven lege, meine Beine sich anspannen, als ob sie sich näher an das nicht vorhandene Motorrad pressen wollten. Ich vermisse es, zu fahren. Jede Minute, die ich nicht auf der Maschine sitze. Wroooom!


Sunday, May 13, 2012

Immer der Nase nach

Nahezu all meine Erinnerungen sind mit Gerüchen verbunden. Der Geruch unseres Wohnmobils, am Tag als es in den Urlaub ging. Mein Daunenschlafsack, wenn ich zum Schlafen hineinkroch, und am morgen wieder heraus. Was mich wiederum wie ein Gänsekücken riechen liess, wie meine Mutter nie müde wurde zu erwähnen. Der Geruch meines Stoffhundes "Debbel", der jahrelang als mein Urlaubskopfkissen herhalten musste. Nach nur einer Nacht roch er so sehr nach mir, dass selbst meine Mutter uns anhand eines Geruchstests nicht hätte auseinanderhalten können. Der Geruch des Kaffees, den meine Mutter zum Frühstück kochte und der bei mir als Kind Übelkeit hervorrief. Der Geruch, kombiniert mit kurvenreichen Alpenstrassen und einem leeren Magen, da ich als Kind kein Weissbrot mochte, was mich im Urlaub ausserhalb Deutschlands meist auf Diät setzte, führte regelmäßig dazu, dass wir ungeplante Pausen einlegen mussten. Damit ich mich übergeben konnte. Der Geruch der blauen Flüssigkeit, die man in Campingtoiletten füllt. Oder, schlimmer, Rast- und Campingplatztoiletten. Dieselben in Frankreich verdienen nicht einmal den Namen. Da sind die Franzosen so etepetete und vornehm und dann reicht es gerade mal für ein Loch im Boden. 

Und dann, der beste aller Gerüche: Wenn man nach Wochen endlich wieder nach Hause kommt. Die Tür öffnet und es im ersten Moment ganz unvertraut riecht. Anders. Aber innerhalb kurzer Zeit riecht es wieder wie immer. Gar nicht. Denn es riecht nach uns.

Der Geruch frisch gewaschener Bettwäsche. Mit Muttis Waschmittel gewaschen und stundenlang an der frischen Luft getrocknet. Die Erinnerung an diesen Geruch ist besser als jedes Schlafmittel oder Antidepressivum. Der Geruch unseres Heizungskellers. Ich denke nicht, dass es sehr gesund für meinen Vater war, seine Werkstatt im Heizungskeller einzurichten. Die Öldämpfe müssen ihm nach einiger Zeit zur Kopf gestiegen sein. Aber bis heute denke ich bei dem Geruch an Winter, Regen und Kälte. Langlaufski-, Ski- und Schlittenfahren. Wenn wir nach Stunden draußen im Schnee, kaputt, müde und glücklich, wieder nach Hause kamen, ging es als erstes in den Heizungskeller. Die nassen Schuhe, Schneeanzüge und Skier wurde zum Trocknen aufgehängt und wir schleppten uns die Stufen hoch in die warme Küche zu Tee und Kakao oder direkt in die heisse Badewanne. 

Chlor. Hallenbäder, Freibäder. Der Geruch von Chlor, weil ich mal wieder zu lange Zeit im Wasser verbracht habe. Gemischt mit Sonnencreme und Sonnenbrand kommen unendlich viele schöne, lustige und ein paar wahnsinnig traurige Erinnerungen hoch. Chlor wird immer ein besonderer Geruch für mich bleiben.

Das Meer. Der Geruch des Salzes, wenn man das Meer noch lange nicht sehen kann. 

Mein eigenes Zimmer unter dem Dach. Holzpaneele und Teppichboden. Der Geruch von neuem Teppichboden. Ich kann mich immer noch an den Verkäufer und den Laden erinnern. Obwohl ich kaum vier Jahre alt war. Der Geruch meines ersten Haustieres. Ein Wellensittich. Vor ein paar Jahren war ich mit Kollegen Essen und aus irgendeinem Grund schnupperte ich an der Tischdekoration. Er roch genauso wie der Käfig meines Vogels, kurz bevor er mal wieder gereinigt werden musste. Nicht wirklich unangenehm. Aber recht intensiv nach Federn und Vogelkot. Wenn der Vogel allerdings mal wieder am Bierglas meiner Mutter genippt hatte, roch er nicht mehr so gut…

Meine erste eigene Wohnung. Über einem griechischen Imbiss. Es war völlig gleichgültig, ob das Fenster auf war oder zu, es roch immer nach Essen. 

Der Geruch einer kalten Winternacht. Wenn man weiß, dass es jeden Moment anfangen wird, zu schneien. Und Sylvester. Wenn es kurz vor Mitternacht schon so extrem nach Feuerwerk riecht, als ob das neue Jahr schon längst begonnen hätte. Bloss weil ein paar Halbstarke ein Jahr lang gespart und so viele Böller gekauft haben, dass sie mittags mit Knallen anfangen müssen, weil sie sie sonst nie alle aufbrauchen könnten.

Die Bäckerei in Hamburg, die die besten Franzbrötchen verkaufte. Und leider nach ein paar Jahren dicht machte. Der Geruch wird mich immer an mein erstes Jahr in Hamburg erinnern. Zwei Franzbrötchen, frischer Kaffee, Herr Witthöft und Frau Buchholz. Und eine Menge lustiger bis unglaublicher Erlebnisse, die ich auch irgendwann einmal aufschreiben muss.

Frühling in Hamburg. Wenn es zum ersten Mal ein wenig wärmer wird. Dieser Geruch lässt sich nur schwer beschreiben aber die Erinnerung daran lässt mich unweigerlich lächeln.

Im Stadtpark in Hamburg gibt es eine Stelle, die im Frühling so extrem nach Blüten riecht, dass man denken könnte, man säße in einem Reisebus mit dem Landfrauenverein. Beim Joggen musste ich dort immer den Atem anhalten, da mir sonst regelmäßig übel wurde.

Kieztoiletten. Hier vermischt sich der übliche Uringeruch mit Alkohol, Zigaretten, Parfum und der Hoffnung, heute Abend den Richtigen zu treffen. Oder einfach nur einen Riesenspaß zu haben. Der Kiez am Morgen. Kalter rauch, Urin, Alkohol, Erbrochenes, und die Reste der Hoffnung und des Spasses.

Unerwartete Gerüche. Wie zum Beispiel die Bäume, deren Blüten wie Sperma riechen. Das wäre mir ohne den Hinweis einer Freundin nie wirklich aufgefallen. Aber wenn ich nun in die Nähe dieser Bäume komme, gibt es kein Entkommen von dieser Assoziation. Danke, Katja!

Flugzeuge. Kurzstreckenflüge mit Lufthansa. Es gab Momente, in denen ich am liebsten in der Flugzeugtür umgekehrt wäre, da der Geruch so überwältigend war und mir augenblicklich so übel wurde, dass ich ein paar Mal der Stewardess fast auf die Bluse gespuckt hätte. 

Parfum. Ich habe jede Menge davon benutzt. Über die Jahre hinweg hatte sich mein Geschmack extrem verändert. Bis ich, vor ein paar Jahren, ganz aufgehört habe, Parfum zu benutzen. Mit dem Ergebnis, dass meine Nase noch empfindlicher wurde. Jeder Geruch löst etwas in mir aus. Unangenehme führen dazu, dass ich mir etwas vor die Nase halten muss, ich so schnell wie möglich aus dem Dunstkreis verschwinden muss oder mir unglaublich schlecht wird. Aber es gibt auch die andere Seite. Gerüche, die meine Laune steigern oder, wenn es sich um eine Person handelt, mich unglaublich anziehen. Auf eine Art und Weise, wie es Aussehen, Charakter und sonstige Eigenschaften niemals tun könnten.

Der Geruch meiner Haare, wenn ich mich frisch gefärbten Haaren vom Friseur zurückkomme. 

Manchmal bin ich völlig überfordert von Gerüchen. Als ich mal eine Woche gefastet habe, musste  ich die Strassenseite wechseln, wenn ein Raucher vor mir herlief. Der Geruch von Essen machte mich fast wahnsinnig. Parfum war überhaupt nicht zu ertragen. Besonders schlimm ist es beim Ausgehen in rauchfreien Clubs. Wenn alles tanzt und schwitzt stehe ich da wie ein Hund und bekomme einen Geruch nach dem anderen in die Nase. Entweder wird mir übel oder auf dem Sprung, einem Mann hinterherzulaufen, weil der so unglaublich anziehend riecht. Sehr verwirrend. 

Monday, May 07, 2012

Aus der Reihe: Hätte ich das nur eher gewußt...



Ich bin nichts besonderes. Das, was ich denke, meine Zweifel an mir selbst, das gleiche geht in Millionen anderer Köpfe vor. Die Realisierung dieser Tatsache hat mich wohl weiter gebracht als jede andere Einzelheit, die ich je in meinem Leben gelernt habe. Ich bin lediglich eine dieser Ameisen, die auf dem Hügel herumkrabbeln. Alles rennt an mir vorbei, ohne weiter Notiz von mir zu nehmen. Alle haben die gleichen Gedanken, die mir auch durch den Kopf gehen: Was denken die anderen von mir, sitzen meine Haare, macht die Hose mich fett, dieser Pickel auf meiner Stirn (der sich riesig anfühlt, den aber ausser mir niemand bemerkt), jeder sieht doch, wie unsicher ich bin die der jeweiligen Situation. Blödsinn. Jeder, dem man täglich auf der Strasse begegnet, ist mit ähnlichen Gedanken beschäftigt und wird mich sicherlich nicht lange genug ansehen, um die winzige Hautunreinheit auf meiner Stirn zu bemerken, die sich für mich anfühlt, als wäre sie so gross wie mein Kopf! Ich bin mir bewußt, daß Ameisen weder Jeans tragen, Haare haben und höchstwahrscheinlich haben sie auch keine Hautunreinheiten...

Sobald ich begriffen hatte, daß ich nicht der Mittelpunkt der Welt war, wurde mein Leben so unglaublich viel einfacher, leichter. Wenn jeder mit sich selbst beschäftigt ist, und damit, wie er auf andere wirkt, hat niemand Zeit, sich mit anderen, somit mit mir zu beschäftigen. Somit kann ich völlig unbeobachtet durch die Welt gehen. Ungewaschen, schlecht bekleidet, nackt. Es interessiert keine Sau! Was eine Erleichterung!

Einen Schritt weiter gehend. Niemanden kümmert es, wenn ich meine Bedürfnisse anmelde und durchzusetzen versuche. Herr Busfahrer, könnten sie vielleicht ausnahmsweise einmal zwischen den Haltestellen anhalten… Höchstwahrscheinlich bemerkt das nicht einmal jemand, dass der Bus anhält, wenn er gar nicht anhalten sollte. Zugegeben, abgesehen von unserem Shuttle Bus ist das anhalten zwischen den Haltestellen nicht notwendig, da es in den USA alle hundert Meter eine Haltestelle gibt… Sonst müsste man ja zu weit laufen. Und dann würden noch weniger Menschen Busse und Bahnen nutzen.

Ok, um wieder auf das ursprüngliche Thema zurück zu kommen: Mich! Je mehr ich mich näher mit Menschen beschäftige, desto mehr realisiere ich wie wenig sie sich für andere als sich selbst interessieren. Je mehr Fragen man stellt, desto weniger Fragen bekommt man gestellt. All diese Sprüche:

Jeder ist sich selbst am nächsten
Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht

Sind wahr und sehr hilfreich. Keine Sau interessiert sich für jemand anderen als für sich selbst. Wie viel entspannter kann man durch die Welt gehen, wenn einem das klar geworden ist! 

Friday, February 24, 2012

Gross, voll, eng und laut. Aber sauber!



Nach knapp zweieinhalb Wochen in Singapur, Indonesien und den Philippinen weiß ich eines ganz bestimmt. In einem asiatischen Land könnte ich mit Sicherheit nicht mehr leben. Die Städte sind zu groß, zu voll, zu laut, zu heiß, zu schnell. Und es gibt kein Entkommen. Alles ist so dicht bevölkert, daß, egal wo hin man sich wendet, man wieder auf unglaublich viele Menschen trifft. Da bekomme ich schon beim Gedanken Platzangst. Auch wenn ich über die meisten von ihnen hinwegschauen kann.

Nein, ich brauche Platz. Mehr als ein paar Schritte gehen können, ohne daß ich jemandem ausweichen muß. Wie in einem menschlichen Ameisenhaufen. Dazu ist es unglaublich heiß und die Luftfeuchtigkeit macht das Atmen fast unmöglicht. Zumindest, wenn man wie ich Hamburger oder San Francisco Luft gewöhnt ist. Das schöne an Singapur war allerdings, daß ich in jedem Outfit (alles was legal ist) durch die Stadt laufen konnte, ohne daß mir jemand hinterher gepfiffen oder eine Bemerkung gemacht hätte. Gut, könnte auch an meinem Alter liegen... Aber die Asiaten gucken und pfeifen nicht und alles, was da an Europäern herumläuft, steht nur auf Asiatinnen. Sehr entspannt. Aber, leben könnte ich dort trotzdem nicht!

Thursday, February 23, 2012

Was meine Mutter dazu sagen würde

Das hier wollte ich schon immer mal aufschreiben. Seitdem ich hören und halbwegs verstehen konnte, was meine Eltern mir zu sagen hatten (nicht, daß ich je wirklich darauf gehört hätte), hatte meine Mutter für jede, aber auch wirklich jede Situation ein Sprichwort parat. Die bekam ich so oft zu hören, daß ich mittlerweile ein ganzes Lexikon davon im Kopf habe und, wie sollte es auch anders sein, für jede Situation ein Sprichwort parat habe. Nicht, daß mich jemand falsch versteht. Meine Mutter ist großartig und ohne sie wäre ich sicherlich nicht da, wo ich heute bin. Jammern hat schließlich noch nie jemanden weitergebracht. Es ist gut, wenn man das früh genug lernt. Danke, Mutti!

Sehr praktisch, wenn die Kleine sich mal wieder auf die Fresse gelegt hatte und das offene Knie blutete. Irgendwann merkt man, daß heulen einfach nix bringt. Außer vielleicht ne weitere Variation eines dieser Sprüche:

"Ein Indianer kennt keinen Schmerz."
(Welches Kind wollte zur Zeiten von Winnetou nicht gern ein Indianer sein?)

"Wenn Du verheiratet bist, ist das schon lange vorbei."
(Ok, Mutti, wenn ich gewußt hätte, daß das sooo lange dauert, hätte ich Dir das damals nicht abgenommen!)

"Ich kannte eine Frau, die war viel dicker."
(Klar doch, es gibt immer jemanden, der mehr blutet. Aber in dem Moment tats mir weh!)

Sätze, die einem kleinen Mädchen, das oft mit einem Jungen verwechselt wird und sich grundsätzlich für hässlich hält, so ein richtig starkes Selbstbewusstsein verschaffen

"Wer Dich liebt, lacht trotzdem"
(Die Frage ist nur, mit mir oder über mich?)

"An der nächsten Laterne drehen die um und bringen Dich zurück"
(Gut, die Angst vorm bösen Einbrecher war weg aber einschlafen konnte ich dennoch nicht, dank der Frage "Warum?")

Sehr schön auch, wenn die Sprüche nicht für einen selbst bestimmt sind. Solche Dinge merkt man sich ja als Kind immer am ehesten. Zum Beispiel beim Autofahren, meine Mutter am Steuer (großartige Fahrerin, sei hier angemerkt).

"Grüner wird's nicht!"
(Erst als ich selbst hinter dem Steuer saß, konnte ich nachvollziehen, weshalb Autofahren so viel Fluchen erfordert.)

Oder aber bei Betrachtung von "scheinbar" junggebliebenen alten Schabracken.

"Hinten Lyzeum, vorne Museum"
(Oder aber, hinten "Ich muß ran", vorne "Ich muß weg!")

Sätze, die man gerade in den Situationen nicht hören möchte, wo sie am besten passen. Z.B. wenn man am Bahnhof angekommen feststellt, daß man mal wieder seine Fahrkarte zu Hause vergessen hat. Oder wenn man nach drei Stunden Schlaf einen üblen Kater hat und sich Samstag früh zum Ferienjob quält.

"Was man nicht im Kopf hat, muss man in den Beinen haben"
(Wie ein Kollege von mir mal so schön darauf antwortete: "DU hast das bestimmt in den Beinen!")

"Wer trinken kann, kann auch arbeiten"
(Waah, schrei doch nicht so!)

Und hier noch eine kleine zufällige Auswahl:

"Einen schönen Menschen entstellt nichts."
(Eines der besten Komplimente, die man jemandem machen kann. Versucht es mal!)

"Dir wird schon keiner was weggucken."
(Funktioniert super am FKK Strand. Ich hab danach mehr Zeit damit verbracht, zu überlegen, wie "weggucken" denn funktionieren könnte, als mich meiner Nacktheit zu schämen.)

"Einem geschenkten Barsch schaut man nicht hinter die Kiemen."
(Mutti, warum reimt sich das nicht?"

Immer gern gehört, wenn es in die Badewanne geht:
"Schwimm nicht soweit raus!"
(Nicht mehr so lustig, wenn man über 30 ist.)

"Nehmse grün, grün hebt!"
(Niemand mag grüne BHs. Aber wenns denn hilft...)

"Lila, der letzte Versuch"
(Ergibt mehr Sinn in Kombination mit dem nächsten)

"Lila schützt vor Schwangerschaft."
(Selber überlegen, wie genau das funktionieren könnte.)

"Gesundheit. Gott schütze Deine Schönheit und mache sie der meinigen gleich."
(Hatschi!)

Sehr gern gehört, wenn man ein sündhaft teures Kleidungsstück anprobiert, was so unglaublich gut ausschaut. Ich hab es bis heute nicht gelernt: ERST Preis checken, DANN anprobieren!

"Bist doch nur einmal jung!"
(Und mal wieder um einige hundert Euro ärmer!)

Und für alle die, die es bis hier hin geschafft haben, ein Insider:

"Sie sind doch der Herr ... Braun!?"
(Der "Wo ist das nächste Loch zum reinkriechen" Spruch, den nur eine Mutter bringen kann, die Ralf Bauer an der Kasse des Ladens mit den sündhaft teuren Kleidungsstücken trifft. Wenn ich dabei bin...)

Saturday, February 18, 2012

Verregnetes Fast-Paradies

Ich liege im Bett meines Hotelzimmers und draußen gießt es in Strömen. Eben gerade hat mein Gepäck es auch endlich hierher geschafft, nachdem ich mehr als 24 Stunden in den selben Sachen verbracht habe. Das klingt nicht so schlimm aber bei 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit sind lange Hose und Longsleeve nicht mehr in ihrer besten Verfassung. Wenigstens hatte ich Bikini und Kosmetiktasche in meinem Handgepäck!

Was ein Trip! Unser Flug in Richtung Cebu auf den Philippinen ging um 0:20 Uhr from Billigfliegerterminal in Singapur. Das sieht aus wie eine sauberes Lübeck oder Standsted. Nach einer Stunde Aufenthalt in Cebu sollte es weiter zum Flughafen von Boracay gehen. Draußen war es stark bewölkt und es regnete heftig. Mittlerweile war ich so müde, daß ich auf dem kurzen Flug sogar einschlief. Ich wachte auf als der Kapitän in seiner üblichen Pilotennuschelstimme etwas murmelte das klang wie: "...weather conditions we have to do a detour to another airport. Please approach our ground staff to assist you."

Sie hatten uns zu einem anderen Flughafen umgeleitet, der auch nur unwesentlich größer als der von Boracay war und sicherlich auch kein besseres Wetter hatte. Wir landeten auf einer kleinen Landebahn neben einer Hütte und es regnete immer noch in Strömen. Freundlicherweise bekommt man beim Aussteigen einen Regenschirm in die Hand gedrückt, den man nach 10 Metern Fußweg am Terminalgebäude wieder abgeben kann. Als wir mit dem "Ground Staff" in Kontakt traten, bekamen wir die Auskunft, daß wir mit einem Shuttle zum Boracay Flughafen transportiert werden würden wo wir dann auch unser Gepäck ausgehändigt bekämen. Das war einfach zu verstehen, als wir in den Shuttlebus einstiegen. Ein kleiner Minivan, in den 16 Personen hineingestopft wurden.

Dann ging es los durch den Philippinischen Regen auf abenteuerlichen Straßen. Es war sogar ganz lustig. Hinter uns saß ein kleiner Junge Hawaiianischer Herkunft, der Katie Perry Songs trällerte. Währenddessen erzählte sein Vater munter von Haiattacken auf Surfer in Hawaii. Vor uns saß ein Typ, dessen Lachen ich am liebsten aufgenommen und als Handy Klingelton verkauft hätte. Sehr ansteckend. Da ich meine Augen vor lauter Müdigkeit kaum aufhalten konnte, versuchte ich irgendwie zu schlafen. Das war nahezu unmöglich, da meine Ohren zwischen meinen Knien steckten und ich mit drei anderen auf einer Bank eingequetscht war. Mein Kollege Armin konnte dagegen ausgezeichnet schlafen. Er hatte den Fensterplatz und ein Reisekissen. Die beiden Frauen neben mir hatten auch keine Probleme mit dem Nickerchen. Kinderspiel, die waren ja auch etwa halb so groß wie ich.

Der Fahrer brachte es tatsächlich fertig, uns in nur knapp einer Stunde zum Ziel zu bringen. Das war nicht so selbstverständlich, wenn man bedenkt, daß es 66 Kilometer waren, sehr heftiger Verkehr herrschte, unzählige völlig wahnsinnige Tuktukfahrer unterwegs waren, es in Strömen goss und sich der Regen auf der Straße oder in den riesigen Löchern in der Straße sammelte (in einem der Löcher habe ich ein Huhn herumlaufen sehen, ich schwörs!), die Kurven eng und steil waren und der Fahrer in immer wieder halsbrecherischen Manövern die Tuktuks überholte. Aber wir kamen heil an.

Am Informationsstand teilte man uns mit, daß unser Gepäck noch nicht da sei und am Nachmittag direkt in unser Hotel geliefert werden würde. Nachdem wir ein "Gepäckbeschreibungspapier" und unsere Adresse dagelassen hatten, machten wir uns auf den Weg zum Fährhafen, von wo wir dann nach Boracay übersetzen wollten. Dieses Mal fuhren wir mit dem Tuktuk. Die sind sehr lustig und praktisch. Ein kleines Motorrad, an dem eine Beiwagenkonstruktion befestigt ist, auf der bis zu 6 oder auch mehr Personen Platz haben. Kleine Personen... Am Hafen angekommen hieß es dann, alle Gebühren und Steuern zu bezahlen. Da waren drei Schalter und an jedem mußte etwas anderes bezahlt werden. Fährticket, Hafengebühr und Umweltsteuer. Nachdem das erledigt war ging es aufs Boot. Wir machten uns nicht all zu viele Gedanken darüber, daß die Rettungswesten noch feucht und im Boot zum Trocknen aufgehängt waren. Schließlich war das Wasser warm und die Insel war nicht gar so weit entfernt.


Auf Boracay gings mit dem nächsten Tuktuk zum Hotel. Armin hatte eine Schritt für Schritt Anleitung für den Weg und alle zu zahlenden Gebühren so wie maximalen Tuktukpreise dabei, die ihm seine philippinische Freundin zusammengestellt hatt. Sehr praktisch. Die Fahrt war lustig, trotz des Strömenden Regens. Allerdings war die Insel sehr belebt und voll. Ich konnte mir nicht wirklich vorstellen, gleich an einem der schönsten und weissesten Strände der Welt anzukommen, währen wir durch den Dreck und volle Straßen rasten, vorbei an seengroßen Pfützen.



Das Hotel liegt direkt am Strand. Der, in der Tat, unglaublich weiß und sauber ist. Das Wasser ist türkis und schaut aus wie ein riesiger Überlaufpool. Da wir Stunden vor der Check In Zeit angekommen waren, verbrachten wir die Zeit am Strand und in der Bar. Unser Gepäck hatte es bis zum Nachmittag noch nicht bis zu uns geschafft, somit gingen wir noch Kaffee trinken (Café Limon, sehr empfehlenswert!) und gönnten uns eine lange Massage.

Das Gepäck kam schließlich auch noch an und der Abend ist gerettet!

Tuesday, February 14, 2012

Bali

Erst am Gate in Singapur habe ich mit Erschrecken festgestellt, daß es sich bei dem Flug ja um einen Touristenflug in ein Ferienparadies handelte. Ich bin wohl ein bißchen verwöhnt von den ganzen Dienstflügen in größere Städte. Nun denn, schließlich waren es ja auch hauptsächlich Holländer, die aus Amsterdam gekommen waren und nun nach einem Zwischenstopp in Singapur, müde und verschwitzt am Gate saßen. Sehr erfreulich anzuschauen, zumindest für mich, war auch die Crew. Alle mindestens 1,80m groß, hübsch und gut gelaunt. Nichts gegen Asiaten, aber ich kann nicht unfreundlich oder gar grob zu kleineren Menschen sein. Was in Gegenden mit vielen Asiaten, zum Beispiel Chinatown in San Francisco oder eben in Singapur schon mal dazu führt, daß ich von Frauen, die mir selbst in High Heels nur bis zur Schulter gehen, mal eben zur Seite geschubst werde.

Nun gut, ab in den Flieger und auf nach Bali für 4 Tage. Zunächst hatte ich mich für die Zeit in einem Resort am Strand eingebucht und wollte einfach nur ausspannen. Aber, nachdem ich mit einem Kollegen aus Prag gesprochen hatte, der sich auch spontan für einen Trip nach Bali entschieden hatte, wurde daraus nix. Die ersten beiden Nächte buchten wir uns in einem netten Hotel direkt am Strand ein. Die Tatsache, daß es sich bei der Gegend um ein Surfer- und Partyparadies für Australier, Engländer, Japanern und Deutsche handelte, war uns da wohl leider entgangen.

Der Flughafen von Bali ist sehr interessant. Bei der Einreise muß man sich erst einmal das Visa on Arrival besorgen, wenn man noch keins hat. Das ist sehr praktisch aber kostet eben mal $25. Sehr schön ist auch die Beschilderung. Ein großer gelber Pfeil nach links mit der Aufschrift: Visa on arrival payment counter. Aber wenn man den Kopf nach rechts dreht sieht man einige Schalter über denen steht “Visa on Arrival”. Nun ja, nachdem ich deswegen in die falsche Richtung gegangen bin, fühlte ich mich unter den Touris wieder ein wenig mehr wie unter meinesgleichen. Wer nicht lesen kann, muß eben länger Schlange stehen.

Nach der Einreise, die dann sehr fix ging, freute ich mich auf das Hotelzimmer. Noch kurz den Koffer holen und dann ab ins Taxi. Nicht so schnell. Zunächst befürchtete ich das schlimmste als ich unter den letzten 10 Passagieren befand, die ihr Gepäck noch nicht hatte. Zu allem Überfluß landete kurz nach uns auch noch ein Flieger aus Brisbane, von denen bereits fast alle ihr Gepäck hatten, bevor mein Koffer dann endlich kam. Und dann ging es leider nicht gleich raus ins Taxi. Erst einmal mußte der Koffer durch die Sicherheitskontrolle. Die sich am Ende einer mittellangen Schlange befand. Auch die hatte ich dann endlich hinter mir. Die unangenehmste Schlange war dann jedoch die Taxischlange. Die war vor der Tür, ausser Reichweite der Klimaanlage.

Auf dem Weg ins Hotel durfte ich zum ersten Mal die Motorrollerkultur von Bali bewundern. Da wird einem nur schwindelig: von einer bis fünf Personen, mit Helm, ohne Helm, mit Flip Flops, Minirock, Anzug und Lackschuhen, Gepäck oder einem gerade eben gekauften Flachbildfernseher, Riesenkisten rechts, links und obendrauf, einen komplett gefüllten Marktstand ziehen, stinkend und uralt oder schick und nagelneu. Und alle fahren als gäbe es kein Morgen. Hätten wir nicht ein oder zwei Unfälle gesehen, würde ich fast behaupten, daß wie von Zauberhand nix passiert, wenn sich 10 Roller mit drei Autos und einem Lastwagen ein Stück Straße teilen, das in Deutschland einem Mercedesfahrer nicht groß genug wäre um keine Angst um seinen lieben Benz zu haben. Ich bin ja manchmal ein Angsthase, wenn ich mit Leuten fahre, die einhändig fahren, zu schnell fahren, und einfach generell beschissene Autofahrer sind. Aber hier hatte ich eine Seelenruhe, fast schon zenhaft. Ich ging hier eben einfach davon aus, daß jeder weiß was er tut. Es war eng, gefährlich, schnell und manchmal kurz vor unmöglich eng. Aber es schien eben meistens gut zu gehen. Vielleicht lag es aber auch daran, daß ich dachte, wenn die ihre Kleinkinder im Alter von nicht mal zwei ohne Helm auf den Motorroller setzen, oder eine komplette Familie auf dem Roller durch die Gegend düst, was kann ich mir dann in meinem Alter anmassen, Angst um mein Leben zu haben. Die Kleinen blickten so cool und entspannt über die Lenkstange in den chaotischen Verkehr, da kann ich doch nicht ängstlich rumjammern.

Am nächsten Tag machten wir einen kleinen Schnuppertauchkurs im Pool und nachdem das ganz gut abgelaufen war, buchten wir einen halben Tauchtag in einer 1,5 Stunden entfernten Lagune. Ich war noch nicht wirklich wild aufs Tauchen. Die Vorstellung, in 20 Metern Wassertiefe nicht mehr atmen zu können aber nicht einfach schnell nach oben schwimmen zu dürfen. Brrrr. Dann springe ich doch lieber mit einem Fallschirm aus einem Flugzeug. Das kann zwar auch übel daneben gehen, aber wenigstens kann ich dann bis zum letzten Atemzug atmen.

Um halb acht morgens ging es ab in eine hübsche Buch, Padang Bai. Dann aufs Boot und raus in die Lagune. Anzug an, Sauerstoffflasche, Taucherbrille und Flossen und los gings in bis zu 10 Meter Tiefe. Auch wenn ich immer noch kein Riesenfan bin, kann ich schon verstehen, was daran so fasziniert. Fische jeglicher Farbe und Form. Korallen und Seesterne. Und abgesehen vom lauten Ausatmen, Stille. Und das ist sicherlich der schönste Aspekt aus meiner Sicht. Sich mit Handzeichen verständigen und einfach weggucken, wenn man nicht zuhören will. Keiner labert blöd wie schön bunt doch die Clownfische sind. Und das schönste war, das Atmen hat funktioniert!

Mittags ging es wieder zurück ins Hotel und von dort in ein anderes, das mehr im Inland lag. Dazu muß man sagen, daß ich es am Vorabend online gebucht hatte. Mit gerade mal noch fünf Minuten Batterie. Am nächsten Morgen checkte ich wenigstens noch kurz die Bewertungen und meine Begeisterung reduzierte sich ein wenig, als ich von 10cm Spinnen und riesigen Kakerlaken las. Aber gut, für ein Hotel im Dschungel ist das sicherlich völlig normal. Wenigstens keine Affen und Leoparden.

Auf dem Weg dorthin erwähnte Peter, mein Kollege, daß er ganz gern den Lewak Kaffee mal probieren würde. Dieser entsteht wenn der Lewak, ein affenähnliches Tier, sich die besten Kaffeebohnen, die er finden kann, reinzieht, verdaut und dann wieder abgibt. Genau, auskackt! Die werden gesammelt, gereinigt und zu dem wahrscheinlich besten Kaffee verarbeitet, den ich je getrunken habe. Auch dem teuersten! Aber allein der Besuch der Plantage und die Vorstellung der beiden Verwalter/Besitzer, war Gold wert. Der eine machte mit todernster Miene einen Witz nach dem anderen und sein jüngerer Kollege schmiß sich vor Lachen fast weg. Das war so ansteckend, daß wir auch mitlachen mußten auch wenn der Arme Peter sich ständig gegen mehr Ginseng Kaffee wehren mußte. "Papa strong, Mama happy!" meinte der Ältere nur. Allerdings hatte der Papa keine Mama dabei, an der er die ganze, zu sich genommene Energie hätte ausleben können...

Im Hotel angekommen blieb mir schon auf dem Weg zu meiner Villa fast der Atem weg. So hatte ich mir Bali vorgestellt. Regenwald, ein tiefes Flußtal, tropische Vögel, Grillen, Affen und Geckos sangen und riefen von den Bäumen. Die Luftfeuchtigkeit war gerade kurz vor unerträglich, so wie an einem heissen Sommertag direkt nach einem heftigen Regenguss. Als wir die Villa betraten, sah ich gerade noch aus dem Augenwinkel einen Gekko die Wand hoch krabbeln und im Strohdach der Villa verschwinden. Gut, dachte ich mir, der kümmert sich um Spinnen, Moskitos und Co.




Dunkler Holzboden, sehr hohe Decken, ein riesiges Bad mit einer Badewanne mit Blick auf den Dschungel. Der Freisitz war grad noch einmal so groß wie das Schlafzimmer. Und ein King Size Bett aus dunklem Massivholz mit einem, jipiiieh, Moskitonetz! Und es kam noch besser. Das Restaurant hatte ebenfalls einen unbeschreiblichen Blick, u.a. auf Affen, die in den Bäumen lebten und an unserem ersten Morgen auch kopulierten. Um das mal so auszudrücken... Der Pool, ein Überlaufbecken mit, natürlich einem ebenso großartigen Blick auf den Dschungel. Als ich diesem aus dem Pool genoß war das wieder einer dieser Momente, die man in Flaschen abfüllen und für schlechte Zeiten mitnehmen möchte.



Das war dann auch so ziemlich das Highlight der Reise. Gestern entschlossen wir uns kurzfristig an einer Mountainbike Tour teilzunehmen. Mountain war das dann auch. Allerdings nur bergab. Angesichts der Hitze war das aber auch ideal. Im Anschluß gab es somit das beste Essen was ich bisher auf dieser Reise zu mir genommen habe. Abends besuchten wir noch die alltägliche Tanzvorstellung im Ubud Palace die hauptsächlich aus alten Männern an Xylophonen, großartig goldbestickten Kostümen und Menschen mit unglaublich großen, rollenden Augen bestand.

Heute besuchten wir noch einen berühmten Tempel. Schlauerweise taten wir das in der prallen Mittagshitze. Sogar die Affen, die überall herumhingen, blickten uns mitleidig an. Jeder Schritt führte zu einem weiteren Schweißausbruch.

Mittlerweile sitze ich im kühlen Flughafengebäude, Füße frisch massiert und fast auf dem Weg nach Singapur. Dort verbringe ich dann nicht mal einen Tag und morgen Nacht geht es dann an den nächsten Strand. Boracay in den Philippen. Mehr dazu im nächsten Beitrag.