Friday, April 15, 2011

Minderheiten und Schreck in der Morgenstunde

Gestern war ich zum ersten Mal in Napa. Wine Country. Eine Mischung aus Südfrankreich und Mittlerer Westen der USA. Und nur knapp eine halbe Stunde von San Francisco entfernt. Um neun Uhr morgens ging unser Shuttle, reich ausgestattet mit Donuts in allen Farben und Variationen. Fiese Krapfen, Berliner, Pfannkuchen oder auch Riesenkrebbeln. Glücklicherweise hatte ich schon gefrühstückt und gab mich mit einem Kaffee aus einer Kiste zufrieden. Eine Dreiviertelstunde später luden wir die Kollegen aus San Francisco ein und machten uns auf den Weg ins Traubenparadies. Eine Stunde später hatten wir die erste Weinkellerei erreicht. Der Winzer hörte sich an, als hätte er ein Tonband verschluckt. Gleiche Lautstärke, keine "Ähs" oder "Ehms". Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie oft er diese Tour schon unternommen hat. Glücklicherweise ist er nicht direkt auf unserer von uns gegangen...

Jeder zweite Satz endete mit "...den werden wir auch nachher kosten.", so daß uns bereits nach der zweiten Station das Wasser im Munde zusammenlief und wir auch gern direkt an Ort und Stelle einen kleinen Schluck Pinot Noir, Cabernet Sauvignon, Merlot, etc. zu uns genommen hätten. Aber weiter ging es. Vom Weinstock (danke ihr fiesen Mosquitos für die zwei RIESENSTICHE an meinen Beinen!), zu Traubenschleuder und in die Fermentationshalle. Auch hier wurde die Stimme nicht angehoben, so daß ich angesichts der Lautstärke im Hintergrund so gut wie gar nichts verstanden habe. Nur, daß Tannine sich manchmal gar nicht gut benehmen. Besonders, wenn sie keinen Sauerstoff bekommen. Wer benimmt sich da nicht daneben?

Nachdem wir uns noch eine Weile mit den 1.200 Dollar Holzfässern aus Frankreich beschäftigt hatten ging es dann endlich zur Verkostung. Blöderweise hatte ich zu dem Zeitpunkt schon einen ziemlichen Hunger und die kleinen oblatenartigen Salzkräcker halfen nicht wirklich. Nun muß, bzw. sollte man bei einer Weinprobe den Wein nicht komplett austrinken, so daß der Hunger eigentlich kein Problem gewesen wäre. Nur hatte dieser Winzer zuzüglich zu den schon leicht abgegriffenen Witzen auch zu jedem Wein ein passendes Essen parat. Inklusive passendem Rezept, das er uns jeweils genüßlich vortrug. Lachs, Forelle, Risotto mit karamellisierter Aubergine, gefüllter Truthahn, Spareribs mit Barbecuesoße,... wir schauten uns nur gegenseitig an und ich wunderte mich, daß man keinen der Magen laut knurren hören konnte. Unser Kräckerverbrauch war entsprechend hoch.

Die nächste Station war tatsächlich ein Mittagessen. Ich habe in den USA selten so gut gegessen. Tempura Spargel mit Aioli, Pancetta mit Parmesan auf Pizzabrot, Rinderrippe mit gebratenem Gemüse und ganz viel Schokolade zum Nachtisch. Um es mit den Worten meines Chefs zu sagen: Mir gehts gut, ich hab gut gegessen, gut getrunken, das Wetter ist gut, ich bin rundum zufrieden! Auch wenn wir jetzt alle mehr als bereit waren, zwei Stunden mit dem Bus durch die Gegend zu fahren und ein kleines Nickerchen zu halten, ging es zum nächsten Getränkestand: Champagner in einem gefälschten Chateau. Von dort ging es dann heim, satt, leicht betrunken und zufrieden.

Bis zum nächsten Morgen, beim Blick in mein Gehaltskonto. Mein Tag war versaut. Es gab Gehalt (alle 14 Tage, zusammen mit dem Teil des Jahresurlaubs für diese Periode (1 Tag hab ich schon gut :-)). Da ich davon ausging, daß es sich um das Gehalt für etwa 10 Tage handelte, war ich ziemlich erschrocken. In Gedanken hatte ich schon gekündigt und war zurück nach Deutschland gezogen. Wie sollte ich damit auskommen? Vor allem bei der Miete? Irgendwann fand ich einen Link, unter dem ich meine Gehaltsabrechnung online einsehen konnte. Und dort, oben rechts ganz klein in der Ecke stand der Abrechnungszeitraum. Und der war 6 Tage kürzer als ich dachte, da am 14. des Monats das Gehalt bis einschließlich zum 7. des Monats ausgezahlt wird. Ein bißchen Getippe auf dem Taschenrechnner, und der Tag war wieder in Ordnung. Puuuuh!

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