Friday, April 05, 2013

Und wenn sie nicht gestorben ist...

Ich hab in der letzten Zeit häufiger über Happy Ends nachgedacht. In Büchern, Filmen und im richtigen Leben. Es scheint, als ob ein Ende dann glücklich ist, wenn die beiden Hauptfiguren endlich zueinanderfinden. Nach langem Hin und Her, Verwirrungen, Missverständnissen, Dramen, Tränen, Abenteuern, Lügen und Bekenntnissen treffen sie sich im Regen, vor dem Altar (entweder gemeinsam oder der eine hält den anderen davon ab, sich mit der zweiten Wahl zu verheiraten), auf der Straße oder einem anderen romantisch-dramatischen Ort, um sich zu versöhnen und den Rest ihres Lebens, oder zumindest den Rest der Geschichte, gemeinsam zu verbringen.

Mal abgesehen davon, daß es im richtigen Leben nicht allzu viele Happy Ends in Beziehungen zu geben scheint, es sei denn, so grausam es klingt, frisch und glücklich Vermählte verunglücken während eines besonders glücklichen Momentes Ihrer Hochzeitsreise. Nun ja, das wäre nur für beide ein glückliches Ende. Oder eher ein Ende während sie noch glücklich waren. Aber dennoch glaube ich, dass es viele glückliche Paare gibt, die noch eine lange Zeit vor sich haben, bis sie ihr Ende erreichen.

Ich finde es auch interessant, daß es unterschiedliche Auffassungen davon gibt, was ein glückliches Ende beinhaltet. In Deutschland enden Märchen mit "Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute." Eine hübsche Tautologie und kein Wort davon, daß sie glücklich miteinander sind. Geschweige denn, ob sie noch leben oder doch noch draufgegangen sind. Und auch nicht, wie sie denn gestorben sind. Gleichzeitig, nacheinander, schmerzhaft. Genug davon.

In Frankreich ist man ein wenig konkreter. Dort heißt es: "Und sie lebten glücklich und hatten viele Kinder." Nun ja, je mehr Kinder man in Frankreich hat, desto weniger Steuern zahlt man. Definitiv ein Grund, glücklich zu sein. Wobei viele Kinder auch viel Streß, viele schmerzhafte Geburten, Dehnungsstreifen, und qualvolle Jahre nicht enden wollender Pubertäten bedeuten. Allerdings möchte ich an dieser Stelle bemerken, daß es sich immer dann, wenn ich Familien sehe, die besonders entspannt mit ihren, erstaunlich braven Kindern umgehen, um Franzosen handelt. Also scheint doch etwas an dem Satz zu sein.

In den USA ist es einfach: "Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende." Das ist alles, was man wissen muß. Kein Hinweis auf Kinder und darauf, daß die Betreffenden Akteure mittlerweile schon gestorben sein könnte. Allerdings auch die unwahrscheinlichste Variante. Wer ist schon hundert Jahre lang glücklich? Aber dann kommt auch schon die nächste Frage. Was bedeutet eigentlich glücklich sein?

--- Ende --- The End --- Fin ---


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